Diskussionsabend: Srebrenica, 30 Jahre später – Umkämpftes Erinnern
Der Völkermord von Srebrenica gehört zu den erschütterndsten Ereignissen der jüngeren europäischen Geschichte. Bald jährt er sich zum 30. Mal. Aus diesem Anlass laden die Heinrich-Böll-Stiftung und die Bundeszentrale für politische Bildung zum gemeinsamen Erinnern und Nachdenken ein.
Im Juli 1995 ermordeten Einheiten der Armee der Republika Srpska innerhalb weniger Tage über 8.000 muslimische Bosniaken – überwiegend Männer und Jungen. Die Leichen wurden in Massengräbern verscharrt, später zum Teil exhumiert und umgebettet, um die Spuren des Verbrechens zu verwischen. Im November 1995 beendete das Abkommen von Dayton den Krieg in Bosnien und Herzegowina, erkannte den unabhängigen Staat in den bestehenden Grenzen an und schrieb die Aufteilung in zwei Entitäten fest. Der Ort Srebrenica wurde dabei der Republika Srpska, dem mehrheitlich serbischen Teil Bosnien-Herzegowinas, zugeordnet.
2025, 30 Jahre später, musste die Potočari-Gedenkstätte in Srebrenica aus Sicherheitsgründen vorübergehend geschlossen werden: Die vom Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, betriebene nationalistische Sezessionspolitik, deren Bestandteil die Leugnung des Genozids von Srebrenica ist, führt zu einem alarmierenden Anstieg der Spannungen und zu Gefährdungen für die Gedenkstätte und ihre Mitarbeiter*innen.
Auch in Deutschland sind NS-Gedenkstätten 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg neuen rechtsextrem motivierten Anfeindungen und Drohungen ausgesetzt. Die finanzielle und politische Unterstützung ihrer Arbeit nimmt ab.
Mit unseren Gästen aus Bosnien und Herzegowina und Deutschland wollen wir über die Arbeit von Gedenkstätten in politisch polarisiertem Kontext diskutieren. Über welche Mittel und Wege verfügen Gedenkstätten, um ihre Arbeit in der Öffentlichkeit zu profilieren und zu verteidigen? Welche zivilgesellschaftlichen und künstlerischen Formen des Erinnerns sind heute notwendig, um dem erinnerungspolitischen Backlash entgegenzutreten? Und was bedeutet es für die demokratische Öffentlichkeit, wenn Erinnerungskultur auf Abwehr, Abwertung oder Gleichgültigkeit stößt? Ein besonderer Fokus liegt auf der Rolle der künstlerischen Mittel in der Auseinandersetzung mit Traumata, Verlust, hinterlassener Leere und Identitätssuche. Weitere Infos zu dieser Veranstaltung hier.
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