Männlichkeit, Sexualität, Gewalt. Sozialpsychologische Überlegungen zur Persistenz sexueller Gewaltverhältnisse
Theorizing Gender(ed) Violence. Zur Aktualität geschlechtsbezogener Gewalt
Gewalt gegen Frauen, Mädchen und dissidente Körper wurde in den letzten Jahren zu einem zentralen politischen Thema feministischer Bewegungen rund um den Globus. Unter dem Hashtag MeToo und dem Slogan ‚Ni una menos‘ prangerten Zigtausende den Fortbestand geschlechtsbezogener Gewalt an. Vor allem feministische Bewegungen in den Amerikas haben die Frage der Gewalt angesichts drastischer Zahlen von sexuell-sexualisierter Gewalt und Morden an Frauen und trans*Personen in den Mittelpunkt ihrer Mobilisierungen gestellt und auch begrifflich neu zu bearbeiten versucht.
Diese Proteste und ihre gesellschaftliche Resonanz verdeutlichen die Bedeutung eines Themas, das in den Anfängen der Frauen- und Geschlechterforschung im Zentrum der wissenschaftlichen Debatten stand, in den letzten Dekaden jedoch in ebendiesen in den Hintergrund gerückt ist. Zahlreiche Autor*innen und Forscher*innen haben sich in den 1960er bis 1980er Jahren mit der strukturellen Bedeutung und Funktion von geschlechtsbezogener Gewalt auseinandergesetzt.
Männlichkeit, Sexualität, Gewalt. Sozialpsychologische Überlegungen zur Persistenz sexueller Gewaltverhältnisse
Jenseits der unbestreitbaren Notwendigkeit geschlechtersoziologischer und empirischer Differenzierungen lässt sich aus einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen Perspektive ein strukturell grundlegendes, ein kulturell und unbewusst tief verankertes Merkmal erkennen, das zu den wichtigsten Ursachen der ungebrochenen Kontinuität frauen- feindlicher Gewalt gehört: die enge Verknüpfung von sexuellem Begehren und Hassbe- reitschaft in der heteronormativen Konstitution von Männlichkeit. Die insbesondere in den Vergewaltigungs-Diskursen zum allseits anerkannten Mainstream geronnene These von der „sexualisierten“, oder gar „nicht-sexuellen“ Gewalt“ verkennt mit ihrer verkürz- ten Sexualitätsauffassung diesen konstitutiven Zusammenhang. Die unterschiedlichen, vor allem aber die mit Sexualität einhergehenden Erscheinungsformen von Hass und Gewalt gegen Frauen brechen nicht trotz, sondern gerade wegen der normierten Hetero- sexualität in einer nach wie vor geschlechterhierarchischen Gesellschaft immer wieder aufs Neue aus. Diese grundsätzliche Überlegung soll am Beispiel der Incels und der Pick- Up-Artists exemplarisch veranschaulicht werden.
Vorlesung mit: Rolf Pohl, bis 2017 Professor für Sozialpsychologie am Institut für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover.
Der Eintritt ist frei!Hier geht es zum Download des Programmheftes.
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