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Der Kulturcampus in Bockenheim – die Kunst des (Un)Möglichen

Der Kulturcampus in Bockenheim – die Kunst des (Un)Möglichen

Freitag, 28.3.2025

Stadtpolitik ist wie ein Ausdauersport: Manchmal braucht man einen sehr langen Atem. Das zeigt kaum ein Projekt so deutlich wie der Kulturcampus auf dem ehemaligen Universitätsgelände in Bockenheim. Was als energischer Sprint geplant war, entwickelte sich zu einem zähen Marathonlauf mit zahlreichen Hindernissen. Letzte Woche präsentierten Stadt und Land in einer Pressekonferenz endlich ihre Einigung in der wichtigen Frage der Flächenaufteilung. Man könnte sagen, die Zielgerade ist in Sicht – nach unglaublichen 15 Jahren Planungsgeschichte!

Die Vision eines Kulturcampus entstand bereits 2010, als die Stadt Verträge über die Zukunft der alten Universitätsflächen schloss und in Planungswerkstätten mit engagierten Bürger*innen Ideen sammelte, wie das Gebiet neu gestaltet werden soll. Viele von uns GRÜNEN waren damals mit großer Begeisterung dabei. Das Ergebnis war ein ehrgeiziger Plan: Ein lebendiges Quartier mit Wohnen, Kultur und Wissenschaft. Mit einem Bebauungsplan wurde die Strecke für diesen stadtplanerischen Marathon sorgfältig abgesteckt.

Doch dann begann der holprige Lauf: Die Goethe-Universität konnte nicht wie erwartet vom Platz gehen, sondern musste ihre Gebäude deutlich länger als geplant nutzen. Wichtige Flächen konnten aufgrund des Denkmalschutzes nicht mehr wie vorgesehen genutzt werden. Und die Abstimmung zwischen Stadt und Land glich zeitweise eher einem Hürdenlauf als einer Staffelübergabe. Manche Beteiligte wie das Max-Planck-Institut gaben auf, andere wie die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) spielten laut mit dem Gedanken, das Rennen ganz zu verlassen.

Die jetzt gefundene Lösung gibt dem Projekt neuen Schwung: Die HfMDK wird doch noch auf den Campus ziehen – allerdings verteilt auf drei Standorte beiderseits der Bockenheimer Landstraße. Das Hauptgebäude entsteht im Süden, ergänzt durch Räume in der Dondorf-Druckerei und auf dem sogenannten „Tortengrundstück" neben dem Bockenheimer Depot.

Damit ist eine wichtige Etappe genommen. Die international renommierte Hochschule bleibt in Frankfurt, ein zentraler Anker des Kulturcampus ist gesichert. Auch die Rettung der historischen Dondorf-Druckerei und die Schaffung von bezahlbarem studentischem Wohnraum sind uns sehr wichtig.

Gleichzeitig müssen wir eingestehen: Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss, der vom ursprünglichen Konzept abweicht. Für die experimentelle Bühne Frankfurt LAB ist zwar ein Neubau geplant, aber für einige Kulturinstitutionen, die ursprünglich Teil des Campus werden sollten, ist nun kein Platz mehr. So sollen beispielsweise das Ensemble Modern und die Dresden Frankfurt Dance Company nicht mehr dort angesiedelt werden – aus dem zentralen Kulturcampus wird nun ein „dezentraler Kulturcampus".

Was jetzt wichtig wird: die Bockenheimer Landstraße, die nun noch mitten durch den Campus führt, darf kein trennendes Element bleiben. Sie muss künftig leichter zu überqueren sein, damit die Plätze nördlich und südlich zusammenwachsen können. Ein wichtiger Baustein für den städtebaulichen Wettbewerb, den die Stadt durchführen kann, wenn die Planungen weiter voranschreiten.

Uns ist auch wichtig, dass wir ernsthafte Debatten über die Nutzung des Gebäudebestands führen. Anhand der Planungsgeschichte des Kulturcampus lässt sich wunderbar nachvollziehen, wie die Diskussion von Abriss und Neubau immer mehr Fahrt aufgenommen hat, bis hin zu einer neuen Welle von Hausbesetzungen für den Bestandserhalt. Die Diskussion um die weitere Nutzung des Juridicums hat uns in dieser Wahlperiode bereits beschäftigt – wir haben uns sehr für die Möglichkeit der Zwischennutzung eingesetzt, zum Beispiel für Wohnen oder für Geflüchtete. Leider hat das nicht geklappt. Nun diskutieren wir über die Zukunft des Gebäudes und wie dort der im Bebauungsplan festgesetzte Anteil für Wohnen untergebracht werden kann.

Was die Idee des Kulturcampus über die Jahre gerettet hat, ist das starke Engagement der Bürger*innen vor Ort, die sich dafür einsetzen, dass diese Vision Wirklichkeit wird. Die Diskussionen zwischen Land und Stadt hinter verschlossenen Türen sind nun endlich vorbei. Die weiteren Gespräche über seine Zukunft dürfen nicht nur im Römer geführt werden, sondern gehören in die Öffentlichkeit.

Der Kulturcampus ist zu wichtig, um auf den letzten Metern ins Stolpern zu geraten. Wir werden den Prozess konstruktiv begleiten und uns dafür einsetzen, dass die noch offenen Fragen zu Finanzierung, Nutzung und Gestaltung im Sinne einer lebendigen Kultur- und Bildungslandschaft gelöst werden. Bis zur geplanten Fertigstellung 2035 bleibt noch eine ordentliche Strecke zu laufen – aber immerhin ist die Richtung klar und das Ziel in Sicht!