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Rede in der Stadtverordnetenversammlung zu Tagesordnungspunkt 9: Gemeinnützige Arbeiten für Geflüchtete

Donnerstag, 12.12.2024

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,

sehr geehrte Damen und Herren!

 

Liebe AfD, bitte genau aufpassen, Sie können jetzt etwas lernen! Der vorliegende Antrag der AfD mag auf den ersten Blick sachlich erscheinen. Er entpuppt sich jedoch bei genauerem Hinsehen als ein Versuch, unser bewährtes Miteinander infrage zu stellen, indem er den Zusammenhalt in unserer Stadt unterminiert. Ich möchte Ihnen kurz erläutern, warum das so ist. Während unsere Stadt seit Jahrzehnten auf Kooperation, Bildung, Teilhabe und demokratische Werte baut, versucht die AfD hier ein Fass aufzumachen, obwohl das Oktoberfest längst vorbei ist. Frankfurt ist eine weltoffene Metropole, in der mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine Migrationsgeschichte hat. Diese Vielfalt ist unsere Stärke. Über Projekte, Strukturen und ein engagiertes Netzwerk aus Zivilgesellschaft, Trägern, Vereinen und Initiativen haben wir eine nachhaltige Integrationsarbeit etabliert, die nicht auf Zwang, sondern auf gegenseitiges Verständnis und Respekt setzt. Alles, was die AfD in diesem Antrag fordert, existiert im Grunde längst, nur nicht mit Zwang und Brecheisen, wie es hier inszeniert wird.

Da brauchen Sie nicht mit dem Kopf zu schütteln. Mund halten, zuhören!

Bereits 1989 haben die GRÜNEN mit der Gründung des Amts für multikulturelle Angelegenheiten ein Fundament für unsere Integrationspolitik gelegt. Heute gibt es unzählige Projekte, Ansätze, Strukturen und Strategien, die sich auf ein wissenschaftliches Monitoring stützen. Ich möchte jetzt ausführen, das ist die Realität unserer Stadt, nicht der Elfenbeinturm der AfD, aus dem dieser Antrag offenbar in einem heißen rechten Fiebertraum geboren wurde. Der Integrations- und Diversitätsbericht 2021 zeigt eindrucksvoll, wie weit wir in Frankfurt bereits sind: Von Sprach- und Bildungsangeboten, über Arbeitsmarktintegration und Kooperationen mit Unternehmen oder der IHK sowie mit städtischen Betrieben, wie den Bäderbetrieben, bis hin zu maßgeschneiderten Programmen haben wir mehr als 400 Initiativen und Projekte auf den Weg gebracht und gefördert. Diese haben bereits Tausende Geflüchtete erreicht und werden dies auch weiterhin tun. So schaffen wir Zugang zu Ausbildung, Studienmöglichkeiten, Ehrenamt und dem Arbeitsmarkt, stärken Selbstbestimmung und schützen vor Diskriminierung.

Diese breit aufgestellte Integrationsarbeit zeigt deutlich: Fortschritt entsteht durch unsere Prinzipien des Dialogs und der Teilhabe auf Augenhöhe. Passen Sie auf: Die AfD hingegen versucht, einen Keil in unser Zusammenleben zu treiben, indem sie Asylbewerber:innen vermeintliche Gemeinnützigkeit aufzwingt. Das ist nicht nur realitätsfern, denn hätten die Vertreter:innen dieser Partei jemals eine Unterkunft in Frankfurt besucht - und das haben sie niemals - wüssten sie um das ehrenamtliche Engagement der Bewohner:innen in fast allen Einrichtungen. Vielmehr zielt die AfD darauf ab, Ressentiments zu schüren, geflüchtete Menschen als Last darzustellen und so zu tun, als würden wir Stadtverordneten vor ihrer Realität die Augen verschließen.

Ich möchte Ihnen nun verraten, wo der eigentliche Kern dieses Vorhabens liegt, denn auf den ersten Blick mag es nicht so rechts außen wirken, wie die AfD tatsächlich ist. Aus diesem Grund möchte ich ein paar Worte an Sie, stellvertretend für Frau Nguyen, die heute nicht da ist, richten, um offenzulegen, wes Geistes Kind Ihr Anliegen ist. Während wir für Vernunft und gegenseitigen Respekt stehen, verfolgen Sie als Partei ein perfides Vorgehen. Sie präsentieren sich in diesem Parlament mit einem scheinbar harmlos klingenden Antrag, lassen uns hypothetisch über längst etablierte Vorhaben diskutieren und versuchen uns durch kleine Nadelstiche aus der Fassung zu bringen. Dann inszenieren Sie beziehungsweise Frau Nguyen sich im Internet vor Ihrer Anhängerschaft als angebliche Bewahrer des Abendlandes.

Hätte Frau Nguyen auf ihren Twitter-Account aufgepasst, dann würden Sie sich das jetzt nicht anhören müssen. Auf dem X-Profil von Frau Nguyen hat sie nach dem letzten Diversitätsausschuss einen Bericht über die Ausschussdebatte zu diesem Antrag veröffentlicht. Jetzt spitzen Sie Ihre Ohren, was da alles zustande kommt. Darunter tummeln sich, ich würde sagen, rassistische, menschverachtende Äußerungen ihrer Follower, die sie seit über einer Woche unwidersprochen auf ihrem offiziellen Account stehen lässt. Ich möchte Sie und Ihre Partei hier und heute öffentlich mit diesen teilweise persönlichen Anfeindungen konfrontieren, zu lesen unter dem Beitrag von Frau Nguyen, seit einer Woche öffentlich zugänglich. Ich zitiere mit Erlaubnis: „Emre Telyakar und Omar Shehata - gibt es überhaupt noch Deutsche oder solche, die pro Deutschland sind in der Politik?“ Ein Beitrag von einem der Follower unter dem Beitrag von Frau Nguyen. Ich frage Sie: Bin ich nicht deutsch für Sie? Weiter schreibt jemand: „Da fängt es schon an, nur Asylanten bei SPD, CDU und GRÜNEN. Natürlich hassen die alle Deutschland.“ Wieso? Weil Frau Nguyen von Frau Akmadza, Emre Telyakar und Omar Shehata im Ausschuss berichtet. Lassen Sie solche Wörter, solche Zuschreibungen über Stadtverordnete im Römer wirklich öffentlich stehen? Weiter: „Was hat so jemand wie Omar Shehata überhaupt im Ausschuss zu suchen? Völlig neben der Spur.“ Bis heute missbilligen Sie diese Kommentare nicht auf Ihrem offiziellen Account von Frau Nguyen. Weiter, ich zitiere: „Die Lösung ist Remigration. Jetzt AfD!“ Wen meinen Ihre Follower da überhaupt? In den Dutzenden Kommentaren ist außerdem vereinzelt von, ich zitiere, „Altparteien“, „Eindringlingen“, „Invasoren“ oder „fremdländischen Moslems“ die Rede, die sich hier „parasitär zu unseren Lasten auf die Machtübernahme vorbereiten“. Dann stellen Sie hier so einen Antrag und diskutieren darüber, ob Geflüchtete ... Genau, Sie grinsen und nicken, das ist Ihr wahres Gesicht. Ich hoffe, das bekommt eine breite Öffentlichkeit mit. Anstatt sich hier nach vorne zu stellen und zu sagen, das sei ein Fehler gewesen, rufen Sie einfach rein. Solche Aussagen lassen Sie in aller Öffentlichkeit auf Ihrem offiziellen Account von Frau Nguyen stehen.

Ich bin zutiefst schockiert und verletzt von diesen menschenverachtenden Kommentaren ...

... die einfach nur demokratiefeindlich sind. Es scheint, als wären Stadtverordnete wie Frau Akmadza, Herr Shehata und ich vielleicht aufgrund unserer Migrationsgeschichte persönlich diffamiert, aber auch unsere Partei oder ganze Bevölkerungsgruppen. Sie, Frau Nguyen, mittlerweile Landtagsabgeordnete mit einem eigenen Mitarbeiterbüro, hätten diese Kommentare ohne großen Aufwand beseitigen müssen. Seit Tagen stehen diese aber öffentlich sichtbar für alle im Internet. Das ist respektlos, demokratiefeindlich und dieses Hauses unwürdig.

Trotz alldem bewahre ich meinen Anstand, nehme meinen Mut zusammen und versuche den Menschen, die in diesen Zeiten verunsichert oder enttäuscht sind, ruhig und empathisch zu begegnen, zu vermitteln, dass wir für sie da sind und gemeinsam überlegen, wie wir unsere Stadtgesellschaft weiter gestalten wollen. Frankfurt steht für Anstand, Respekt und Zusammenhalt. Über Jahrzehnte haben wir ein Netz aus Vertrauen und Teilhabe aufgebaut, ein Bollwerk gegen Hass, Ressentiments und Angriffe auf unsere demokratischen Grundwerte. Der Antrag der AfD ist deshalb weder konstruktiv noch seriös. Er zeigt, wie wenig Interesse an echter Integration besteht und wie sehr sich diese Partei an Spaltung und Rückschritt orientiert. Durch den Social-Media-Auftritt hat die Stadtgesellschaft sehen können, wes Geistes Kind diese Partei ist und wie wenig es ihr um einen respektvollen Umgang miteinander geht.

Unser Weg hingegen ist klar, wir stellen uns geschlossen gegen ihre Manöver. Wir werden die Errungenschaften unserer Stadt verteidigen, die von Offenheit, Fortschritt und gegenseitiger Wertschätzung geprägt sind. Lassen Sie uns alle heute ein gemeinsames Zeichen setzen, zusammenstehen und dieser Partei und ihrem Vorhaben eine klare Absage erteilen!

Vielen Dank!