Rede zum Thema Grundsteuer in der Debatte um den Beschluss der neuen Hebsesatzsatzung
Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
liebe Kolleg*innen,
Wir sprechen heute eigentlich über die Einführung einer neuen, gerechteren Grundsteuer.
Die Mitarbeitenden im Kassen- und Steueramt arbeiten seit Monaten daran, einen reibungslosen Ablauf für diese große Umstellung zu gewährleisten und müssen dafür neben ihrer regulären Tätigkeit ganz neue Verfahren etablieren.
Für die bisherige Auseinandersetzung, die bereits zu Verzögerungen geführt hat und die damit auch auf dem Rücken der Mitarbeitenden stattfindet, möchte ich mich bei den Betroffenen entschuldigen.
An dieser Stelle möchten wir GRÜNE uns bei der Stadtverwaltung und unserem Kämmerer Dr. Bastian Bergerhoff herzlich bedanken und wünschen Ihnen von hier an einen reibungsloseren Ablauf bei der Umstellung der Grundsteuer-Systematik.
Eigentlich ein Grund zur Freude, oder nicht? Aber die Opposition moniert hier eine Ungerechtigkeit.
Schauen wir uns erst noch einmal die Fakten an:
Schon viel früher als Sie hat das Bundesverfassungsgericht eine Ungerechtigkeit festgestellt und den Gesetzgeber gezwungen, das zu korrigieren!
Die alte Berechnung basierte auf völlig veralteten Werten. Das war nicht akzeptabel und musste geändert werden. Jetzt haben wir endlich eine faire Berechnungsgrundlage, die die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt.
Mehr als die Hälfte aller Frankfurter*innen werden auf dieser Basis ab 2025 weniger Grundsteuer zahlen als bisher.
Bei vielen Wohnungen sinkt die Grundsteuer sogar deutlich, weil sie vorher viel zu hoch angesetzt wurde.
Von 190.000 Steuerpflichtigen sind es nur etwa 1.000 Fälle, das hat uns Herr Kössler ja auch im Haupt- und Finanzausschuss vorgerechnet - in denen es zu ungewöhnlich hohen prozentualen Erhöhungen kommt.
Das entspricht gerade einmal einem halben Prozent aller Fälle. Und selbst dort müssen wir genau hinschauen: Nicht jede Erhöhung bedeutet automatisch, dass hier auch eine soziale Härte vorliegt oder dass es im Verhältnis zur Miete um wirklich hohe Beträge geht.
Die Zahlen um die es im Schnitt wirklich geht, hat der Kämmerer bereits vorgestellt: Die durchschnittliche Belastung durch die Grundsteuer beträgt aktuell 25 Cent pro Quadratmeter und Monat. Er hat es vorgerechnet und ich will es noch einmal wiederholen, damit es sich setzt. Die Belastung durch die Grundsteuer macht im Schnitt weniger 2% der gesamten Warmmieten-Belastung aus. Das finde ich wichtig, weil man anhand der bisher in den Ausschüssen geführten Debatte anderes vermuten könnte.
Nehmen wir zur Veranschaulichung doch mal das konkrete Beispiel der städtischen ABG mit ihren mehr als 50.000 Wohnungen, die überall in Frankfurt verteilt sind: Selbst für eine große Wohnung, bei der eine prozentual im oberen Bereich liegende Erhöhung zum Tragen kommt, gehen wir von Mehrkosten von etwa fünf Euro im Monat aus. Das ist nicht nichts, aber es ist auch keine Explosion der Nebenkosten, wie sie befürchtet wurde. Und auch wenn ich es natürlich allen gerne erspart hätte: Wir reden hier von Beträgen, die für die meisten Haushalte verkraftbar sind. Die Erhöhungen werden sicher auch auf Verständnis treffen, denn – ich erinnere noch mal daran - diese Haushalte wurden meist gemäß dem Verfassungsgerichtsurteil ja zuvor jahrelang begünstigt – was im Umkehrschluss auch bedeuten kann: sie wurden zu Lasten anderer begünstigt. Viele sind doch gerne bereit, ihren gerechten Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens zu zahlen.
Es gab auch die Forderung, wir sollten pauschal einen niedrigeren Hebesatz anwenden, also auf erhebliche Einnahmen verzichten, wobei wir auch viele Wohlhabende entlasten würden, nur damit wir keine „komplizierte“ Härtefallregelung einführen müssen. So groß ist die Angst vor der Bürokratie also schon. Ich finde, das hat unsere Verwaltung nicht verdient! Das wird dem guten Ruf des Amts für Wohnungswesen nicht gerecht. Wir sind nun aufgefordert zu beweisen, wie unbegründet diese Sorge ist.
Klar ist jedenfalls: wir werden nicht auf diese wichtigen Einnahmen für unser Gemeinwesen verzichten, nur damit Menschen, die es sich eigentlich gut leisten können, ein paar Cent oder Euro weniger zahlen müssen. Die Grundsteuer ist eine zentrale Säule unserer kommunalen Finanzierung, die sich auf viele Schultern verteilt. Sie ermöglicht uns den Betrieb von Schwimmbädern, die Pflege unserer Parks, die Unterhaltung von Bibliotheken und vieles mehr. Bastian Bergerhoff hat das eben sehr schön ausgeführt.
Die CDU will den Beschluss der Satzung nun gerne verschieben, bis ein Härtefallkonzept vorliegt. Was würde denn das konkret bedeuten? Chaos in der Verwaltung. Daueraufträge, die wir zurückbuchen müssen. Verunsicherte Bürger*innen. Und am Ende müssten wir die Jahressteuer in weniger Raten einfordern – so etwas schafft reale Probleme.
Wir sind nicht realitätsfern. Härtefälle wird es geben. Und um die müssen wir uns Gedanken machen. Es gibt Menschen, für die auch kleine Beträge eine große Belastung sein können. Es könnten Beträge sein, die das Fass zum Überlaufen bringen. Diese Menschen lassen wir nicht allein! Denn es ist ja eben auch nicht so, als hätte der Kämmerer nicht auch einen Auftrag zum Thema Härtefälle in die Vorlage geschrieben, auch wenn die Opposition diesen Fakt nicht anerkennen will.
Ich gebe zu: ich würde mir auch wünschen, das Konzept dazu läge schon vor. Üblicherweise kommt nun mal erst der Beschluss und dann die Umsetzung. Wir sind das letzte Glied in der Kette und mussten lange auf Regelungen und Berechnungen von Bund und Land warten, um die konkreten Auswirkungen bei uns vor Ort beurteilen zu können.
Aber: den Beschluss für ein Härtefallkonzept fassen wir heute mit der Satzung - und der Auftrag gilt natürlich!
Wir erwarten nun in der Übergangszeit auch die Bereitschaft für kurzfristige und unbürokratische Hilfe für echte Härtefälle. Darauf werden wir genau achten. Das wird nicht viele Menschen betreffen, weil die wenigsten Eigentümer*innen die Nebenkosten sofort erhöhen. Aber es wird sie geben und sie werden bei der Stadt Hilfe finden müssen.
Die Härtefallregelung, die jetzt erarbeitet wird, soll niedrigschwellig und transparent sein. Sie wird auch jene Menschen berücksichtigen müssen, die Schwierigkeiten haben, Unterstützung zu beantragen. Die davon betroffenen Menschen müssen wissen: Frankfurt steht an ihrer Seite! Wir werden niemanden im Regen stehen lassen, der durch diese Reform ohne Schuld in echte Not gerät.
Lassen Sie mich zunächst noch etwas zum Vorschlag des Mieterschutzbunds sagen bevor ich zum Antrag der LINKEN komme: Der DMB ist und bleibt ein wichtiger Partner im Kampf für bezahlbares Wohnen in Frankfurt. Wir schätzen Ihre Arbeit sehr. Aber ihrer Forderung müssen wir heute widersprechen: Eine pauschale Härtefallregelung ab 10 Prozent Erhöhung würde das Problem nicht lösen - sie würde es verschärfen. Denn sie würde auch diejenigen entlasten, die die Erhöhung problemlos stemmen können und die bisher von viel zu niedrigen Steuersätzen profitiert haben. Das würde uns jährlich zu viel Geld kosten, das uns dann für gezielte Hilfen fehlt, auch und grade im Bereich des Wohnens. Die Ausmaße dieser Forderung waren dem DMB vielleicht nicht klar. Mehr als 1/3 der Einnahmen durch die Grundsteuer könnten uns so verloren gehen. Der Kämmerer hat es vorgerechnet.
Die LINKE jedenfalls hat diese Forderung gerne übernommen. Aber wer mit der Gießkanne arbeitet, macht es sich zu leicht! Die LINKE hätte sich besser informieren können, bevor sie so einen Antrag schreibt! Wollen Sie wirklich die wichtigen Leistungen für alle gefährden, nur um auch Wohlhabende zu unterstützen?
Wir GRÜNE machen da die bessere LINKE Politik!
Wir setzen die Reform heute aufkommensneutral um. Das haben wir als Koalition versprochen und dieses Versprechen halten wir ein. In vielen anderen Kommunen ist das ganz anders gelaufen!
Die Stadt nimmt künftig insgesamt nicht mehr Geld ein als bisher. Aber wir verteilen die Last gerechter. Wer bisher zu wenig gezahlt hat, wird mehr zahlen müssen. Wer zu viel gezahlt hat, wird aber auch entlastet. Das ist fair und entspricht dem Grundgedanken der Reform.
Als Grüne stehen wir für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Finanzpolitik. Diese beiden Ziele werden mit dieser Regelung verbunden. Wir schaffen Planungssicherheit für die Verwaltung und die Bürger*innen. Wir sorgen für eine gerechte Verteilung der Lasten. Und wir stellen sicher, dass niemand durch diese Reform in existenzielle Not gerät.
So hat sich das die schwarz-grüne Landesregierung sicher auch vorgestellt, als sie die Neuregelung mit dem hessischen Modell beschlossen hat.
Ich versuche noch einmal, sie umzustimmen, damit auch Sie auf der richtigen Seite der Geschichte stehen: stimmen sie diesem ausgewogenen Vorschlag zu. Lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen für unsere Stadt und ihre Menschen. Das sind wir den Frankfurter*innen schuldig. Das ist unser Auftrag. Wir werden ihn erfüllen.
Vielen Dank.