Von Frankfurt zum Mond und darüber hinaus
Liebe Freundinnen und Freunde,
am Mittwoch fand zum 15. Mal an der Frankfurt School of Finance & Management die Konferenz „Nachhaltige Geldanlagen“ statt. Und es wurde astronomisch – dazu später.
Dass Kritik am tradierten Finanzsystem in Zeiten globaler Krisen zum Mainstream geworden ist, davon hätten wir vor wenigen Jahrzehnten nur träumen können. Die Forderung nach seinem Umbau gehört jetzt zum guten Ton, selbst in der Geldbranche. Von der „Frankfurter Schule“ zur Frankfurt School sozusagen: Das Umleiten von Kapitalströmen ins mitmenschliche, klimaschonende und integre Wirtschaften („ESG“), wie wir es – dank politischer Eingriffe – erleben, kann in seiner Tragweite gar nicht unterschätzt werden. Selbst der Aktivist*innen-Marsch von der Straße zum Herz der Finanzinstitutionen findet auf der Investmentkonferenz Würdigung. Oder dass Christine Lagarde aktiv grüne Bonds auf die Kaufliste setzt. Und es erschreckt gar niemanden mehr, wenn eine grüne Finanzexpertin wie Bundestagsabgeordnete Katharina Beck als Keynote-Speaker spricht – oder ein Verbraucherschützer auf dem Podium nicht eben zimperlich argumentiert.
Komplex ist die Materie, mit der sich Finanzmarktakteure und ihre Kritiker unter regulatorischem Hochdruck zu beschäftigen haben. Berichtspflichten auf Basis der CSRD und SFDR, MiFid-II-Nachhaltigkeitspräferenz-Abfragen, Taxonomie-Verordnung, technische Umsetzungsstandards durch delegierte Rechtsakte, und, und, und. Alles klar? Heerscharen an Unternehmensberatern geraten da in Goldgräberstimmung. Nicht dass man Mitleid haben sollte mit einer Branche, die mit schwacher Regulierung die Welt an den Abgrund bringen könnte – und es, Stichwort Finanzkrise, vor einem Jahrzehnt beinahe geschafft hätte.
Ein Referent der Konferenz hat die aktuelle (unter sozial-ökologisch-marktwirtschaftlichen Vorzeichen stattfindende) Finanzmarktrevolution inspirierend mit dem großen Mondlandungsexperiment verglichen. Angesichts der zu lösenden Klimakrise wäre gar das Gleichnis der punktgenauen Landung einer Minisonde auf einem weit entfernteren Kometen passend gewesen. Wir können wohl nie zu 100% wissen, ob Impact Investment die Katastrophe am Ende wirklich mit verhindern wird. Und müssen es doch wagen.
Heißt das, wir sollten auf bürokratische Anforderungen an echte Wirkungstransparenz bei Finanzprodukten verzichten, um das nötige Geld zu mobilisieren? Diskutieren wir, ob dann doch Risiko gegen Sicherheitsdenken getauscht werden muss. Kippen wir vor lauter Schutz vor möglichem Greenwashing das Kind mit dem Bade aus und erreichen mit zu vielen Finanzmarktregeln am Ende nichts? Sollten gerade diejenigen, die das Geld für nachhaltige Finanzprodukte haben, zum Verantwortungsgefühl mit Wagniskapital bewegt werden – soweit die Gesamtgesellschaft nicht mit ins Risiko muss?
Die Frankfurt-School-Konferenz zeigte, wir sehr der Gang in eine Bankfiliale mit den finanztheoretischen, ja ethischen Fragen unserer Zeit verbunden ist. Und wie wir GRÜNE im Zentrum dieser Debatte stehen. Und das tun wir auch am 5. Oktober, 18:30 Uhr, wenn sich unser Kreisverband mit der Finanzplatzinitiative Frankfurt Main Finance e.V. trifft. Merkt Euch den Termin gern vor (Einladung folgt) – und lasst uns gemeinsam den Flug ins All wagen.
Viele Grüße, Euer
Sebastian Deckwarth