Wir stehen zusammen gegen völkisch-nationalistische Agitation, Revanchismus & rechtsextreme Tendenzen
Die Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN im Römer, Tina Zapf-Rodríguez und Dimitrios Bakakis, sowie der stellvertretende Vorsitzende und diversitätspolitische Sprecher Emre Telyakar äußern sich zum Festakt des Convents Deutscher Akademikerverbände und der Allgemeinen Deutschen Burschenschaften.
Dazu erklären Tina Zapf-Rodríguez und Dimitrios Bakakis:
„Für uns als GRÜNE ist es schwer zu ertragen, dass Gruppierungen wie die Allgemeine Deutsche Burschenschaft und der Convent Deutscher Akademikerverbände einen Festakt in der Paulskirche begehen können. Der – dieser Haltung zuwiderlaufende – Magistratsbeschluss kam auf Grundlage eines Rechtsgutachtens zustande, wonach ein Anspruch des Convents Deutscher Akademikerverbände auf die Veranstaltung in der Paulskirche besteht. Denn die Widmung des Plenarsaals der Paulskirche ergibt sich aus den Vergabebestimmungen, wonach Veranstaltungen, die der Präambel nicht zuwiderlaufen, möglich sind. Laut Rechtsgutachten ist dies durch das Begleitschreiben der Anmeldung zu bewerten und bewegte sich im Rahmen der Widmung. Als juristische Person mit Sitz in Frankfurt am Main gehört der CDA darüber hinaus zum Kreis der Begünstigten des § 20 Abs.2 Hessische Gemeindeordnung (HGO). Demgemäß hat der CDA grundsätzlich einen Anspruch auf Überlassung der Paulskirche.
Um zu verhindern, dass antidemokratische Gesinnungen in der Paulskirche einen Platz haben, hat der Magistrat die beteiligten Verbände auf ihre verfassungsfeindlichen, antidemokratischen Bestrebungen hin durchleuchtet und auch eine entsprechende Maßgabe verabschiedet. Der Wortlaut der Maßgabe ist wie folgt: ‚Personen und Gruppen, die vom Verfassungsschutz des Bundes und der Länder beobachtet werden bzw. demokratiefeindliche Haltungen vertreten, werden von der Veranstaltung ausgeschlossen.‘ Auch jetzt wird weiterhin geprüft, ob die Zusendung der im Sinne der Maßgabe unbedenklichen Redeliste ausreicht, um die Maßgabe zu erfüllen.
Es ist nun dringend an der Zeit als Koalition die Widmung und Nutzungsbedingungen der Paulskirche und des Römers zu überarbeiten, sodass endlich klare Regeln herrschen und antidemokratische Kräfte keine solche Bühne mehr in Frankfurt erhalten können.“
Emre Telyakar erklärt zu den Hintergründen des Convents Deutscher Akademikerverbände und der Allgemeinen Deutschen Burschenschaften:
"Wichtig ist eine klare Haltung gegenüber antidemokratischen Bewegungen, die neben Protesten auch sachliche Diskurse über die notwendigen Konsequenzen zulässt. Die Grundlage für eine ablehnende Haltung basiert auf den vielfältigen Erkenntnissen über den CDA und seine Mitgliedsverbände, insbesondere die Burschenschaften, die teilweise völkische und antidemokratische Tendenzen aufweisen. Der CDA tat sich in der Vergangenheit schwer, aktiv gegen rechtsextreme Tendenzen in Mitgliedsverbänden wie der 'Deutschen Burschenschaft' (DB) vorzugehen.
Ein Vollmitglied des CDA ist die Deutsche Gildenschaft (DG), die völkisch-nationalistische Tendenz erahnen lässt. Unter ihren Gründungsmitgliedern finden sich ehemalige Mitglieder der NSDAP, SS oder NPD. In der Salzburger Erklärung der Deutschen Gildenschaft von 1992 heißt es: 'Die Deutsche Gildenschaft [ist eine] akademische Erziehungsgemeinschaft mit nationaler Überzeugung und bündischer Tradition.' Weiter wird darin zum Beispiel behauptet, dass 'die deutsche Einheit um den Preis des schmerzlichen Verzichts auf die Ostgebiete und das Sudetenland erreicht wurde'.
Die DG wies in der Vergangenheit Verbindungen zur Neuen Rechten, darunter Götz Kubitschek, Mitbegründer des vom Verfassungsschutz als ‚gesichert rechtsextrem‘ eingestuften ‚Instituts für Staatspolitik‘ auf, der bis 2002 Aktiven-Sprecher der DG war. Vier Redaktionsmitglieder der neurechten Zeitung ‚Junge Freiheit‘ waren ebenfalls Mitglieder der DG.
Bei der Gründungsversammlung 2016 wurde das Deutschlandlied inklusive der ersten beiden Strophen gesungen, das sich schon unter den Nationalsozialisten großer Beliebtheit erfreute, da es Deutschland über alles stellt und heute als zutiefst völkisch-nationalistisch gilt und daher konsequent abzulehnen ist.
Ein weiteres Mitglied des CDA ist der Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC), in der die Burschenschaft Vandalia zu Hamburg organisiert ist, die die neuen Bundesländer als ‚Mitteldeutschland‘ bezeichnet und den ‚Multi-Kulti-Wahnsinn‘ als ‚Dorn im Auge‘ betrachtet.
Trotz einiger Selbstpositionierungen im demokratischen Diskurs, wie beispielsweise in der Hambacher Erklärung, in der das Bekenntnis zum Grundgesetz festgehalten wird, bleibt die Glaubwürdigkeit solcher Aussagen zweifelhaft, solange keine ernsthafte Auseinandersetzung mit der eigenen Verbandsgeschichte und rechten Verbindungen erfolgt.
Burschenschaften und Altherrenverbände können nach Jahrzehnten völkisch-nationalistischer Verwicklungen in neurechte Organisationen und nicht aufgearbeiteter Vergangenheit nicht einfach unter dem Deckmantel der Demokratie ihr Gedankengut in städtische Gebäude tragen. Es ist unverantwortlich, ihnen einen historischen Ort wie die Paulskirche zu überlassen, ohne im Vorfeld alle Register, wie die Aufkündigung des bereits geschlossenen Vertrages, in Erwägung gezogen zu haben. Die Paulskirche in Frankfurt ist ein historisch bedeutsamer Ort für die deutsche Demokratiegeschichte. Hier fand vor genau 175 Jahren die erste Tagung der Nationalversammlung statt. Sie stellt eine Wiege der Demokratie in Deutschland dar. Die Stadt Frankfurt trägt die Verantwortung, das symbolische Erbe der Paulskirche zu pflegen und zu bewahren und heutige Werte der Demokratie wie Vielfalt, universelle Menschenrechte und Demokratiebildung stärker zu verteidigen. Aus diesem Grund ist es unumgänglich, antidemokratischen Kräften die Plattform in der Paulskirche streitig zu machen. Die Stadt hat die Pflicht, die Paulskirche als Symbol der Demokratie zu schützen. Eine Vereinigung wie der CDA sollte keine Gelegenheit erhalten, ihr Gedankengut in der Paulskirche zu verbreiten.
Daher muss für die Stadt die oberste Priorität die Überarbeitung der Vergaberichtlinien städtischer Liegenschaften an Dritte sein, um sie unter anderem gegen völkisch-nationalistische Strömungen, Rechtsextreme und Feinde der Demokratie abzusichern, dem sich die Koalition im Römer nun annehmen muss. Neben dem gesellschaftlichen Diskurs und parlamentarischen Konsequenzen bleibt der Protest ein legitimes Mittel, um Haltung zu zeigen und ein Zeichen gegen völkisches Gedankengut zu setzen."