Antrag: Erbbauzinsen flexibler gestalten und als Steuerungselement nutzen
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
In Kombination mit Konzeptvergabeverfahren für städtische Grundstücke, die künftig Standard bei der Vergabe städtischer Flächen sein sollen, strebt die Stadtverordnetenversammlung bei Abschluss von Erbbauzinsverträgen einen Erbbauzinssatz von 1,5% oder weniger an, sofern gemeinwohlorientierte Faktoren ausreichend berücksichtigt werden. Die Kriterien für einen reduzierten Erbbauzins sollen bei der Konzeptvergabe Basis für Wirtschaftlichkeitsrechnungen sein können.
Der Magistrat wird daher gebeten, schnellst möglichst
(1.) ämterübergreifend ein Verfahren und einen Kriterienkatalog zu erarbeiten, um unter Einbeziehung von gemeinwohlorientierten Aspekten eine gezielte Absenkung des Erbbauzinses für städtische Grundstücke zu ermöglichen (Vorbild kann hier der Nachlass für Familien sein, der bereits heute gewährt wird),
(2.) Kriterien und eine Definition zu erarbeiten, anhand derer Flächen, die für unrentierliche Nutzungen für einen gemeinwohlorientierten Zweck zur Verfügung gestellt werden, künftig bei der Berechnung des Erbbauzinses nicht mehr in die wertrelevante Geschossflächenzahl einbezogen werden müssten,
(3.) bei der Anpassung von laufenden Verträgen künftig den Verbraucherpreis-Index als ausschlaggebende Größe heranzuziehen, dabei angesichts der aktuellen Entwicklung der Inflationsrate eine handhabbare Lösung wie etwa eine Deckelung oder einen mehrjährigen Mittelwert zu berücksichtigen und anzustreben, dass die Mehrbelastung nach Vertragsverlängerung nicht zu einer Veränderung des Mietenden- und Eigentümer*innenmilieus führt,
(4.) die Möglichkeit zur Einmalzahlung des Erbbauzinses (jährlich oder über die gesamte Laufzeit) zu eröffnen,
(5.) zu etablieren, dass die Laufzeiten der Erbbaurechte von derzeit 99 Jahren künftig auch verkürzt werden können, solange sie den steuerlichen Abschreibungszeitraum nicht unterschreiten,
(6.) zu prüfen, inwiefern eine Absenkung des Erbbauzinses für Verträge für Wohnnutzungen, die in den letzten 5 Jahren abgeschlossen wurden, möglich ist und welche Kriterien hier herangezogen werden sollen, damit Härtefälle von dieser Regelung Gebrauch machen können,
(7.) kurzfristig in diesem Antrag genannte Optionen, insbesondere aus Punkt (1), in einem Pilotprojekt anzuwenden und zu überprüfen, um die so gesammelten Erfahrungen in den finalen Vorschlag des Magistrats einzubeziehen. So soll der Erbbauzins für ein geeignetes Projekt, unter Anwendung der zuvor genannten Maßnahmen, so angepasst werden, dass die bei der Konzeptvergabe ursprünglich in Rede stehenden Mietpreise des Projekts wieder erreicht werden können. Hier ist ggf. eine geeignete Übergangslösung zu finden und zum Beschluss vorzulegen,
(8.) das Vertragswesen der Erbbaurechte zeitnah vollständig zu digitalisieren und dabei insbesondere von den Möglichkeiten der Automatisierung Gebrauch zu machen, um durch die detaillierteren Regelungen, zum Beispiel durch eine ggf. regelmäßig stattfindende Prüfung, ob die Kriterien, aufgrun d derer eine Reduzierung stattgefunden hat, weiterhin erfüllt werden, keine erhöhten Aufwände in der Verwaltung entstehen zu lassen. Vorhandene Softwarelösungen der Stadtverwaltung sollen dafür prioritär geprüft werden,
(9.) mit den maßgeblichen Stiftungen, Gesellschaften und Kirchen, die in Frankfurt Flächen in Erbpacht vergeben, das Gespräch zu suchen, um ggf. auch mit diesen die unter (1) genannten städtischen Kriterien bereits so zu formulieren, dass sie auch zu ihren jeweiligen Satzungen passen, um auch dort Vereinbarungen über Erbbaurechtserträge mit reduziertem Erbbauzins anhand gemeinwohlorientierter Kriterien zu ermöglichen.
Begründung:
Die Bodenpreise in Frankfurt sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Als ein anschauliches Beispiel sei das Nordend-West genannt, wo sich der Bodenrichtwert von 1500 Euro/m² im Jahr 2010 auf 7700 Euro/m² im Jahr 2022 erhöht hat. Da sich die Berechnung des Erbbauzinses am Bodenrichtwert orientiert, werden bei der Vergabe von städtischen Flächen in Erbpacht - sowohl bei Vertragsverlängerungen als bei Neuabschluss - unter Berücksichtigung des aktuell gültigen Erbbauzinses von 2,5% im Ergebnis extrem hohe Summen fällig. Dies steht dem politischen Ziel entgegen, mit kommunalen Flächen günstigen Wohnraum zu schaffen und für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu sorgen.
Mit einer Entlastung für Familien hat die Stadt Frankfurt bereits ein Instrument eingeführt, um für einzelne Gruppen einen reduzierten Erbbauzins vereinbaren zu können. Dieses Instrument soll ausgebaut werden und so gezielt genutzt werden können, um anhand ökologischer und sozialer Kriterien, zum Beispiel über nachhaltige Bauweisen, klimaneutralen Betrieb, die Schaffung von dauerhaft gefördertem Wohnraum oder sozialer Infrastruktur, eine gezielte Reduzierung des Erbbauzinses zu ermöglichen.
Über weitere Mechanismen, wie sie unter (1) und (3)-(6) genannt sind, soll vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen erreicht werden, dass bekannte und häufig auftretende Problemfälle bei der Berechnung und Finanzierung des Erbbauzinses und bei der Vertragsgestaltung von Erbpachtverträgen adressiert werden, so dass das Instrument sich auch in der Zukunft als flexibles Instrument der kommunalen Wohnungs- und Liegenschaftspolitik bewähren kann.
Da für die Erarbeitung und Etablierung der Kriterien auf Seiten der Verwaltung sicher noch einige Zeit benötigt wird, sollen die unter Punkt (7) und (8) genannten Optionen dazu führen, dass es keinen "harten Schnitt", sondern einen fairen Übergangszeitraum gibt, der auch Vertragsnehmenden, die in den letzten Jahren Verträge abgeschlossen haben, die Möglichkeit gibt, von der Neuregelung zu profitieren. Diese soll sich insbesondere an Vertragsnehmer*innen mit mietspiegelrelevanten Mietobjekten richten, die nachweisen können, Kostensenkungen größtenteils an Ihre Mietenden weiterzugeben.
Die Realisierung von gemeinschaftlichen und genossenschaftlichen Wohnprojekten auf nicht-stadteigenen Flächen hat sich in der Vergangenheit als große, nahezu unlösbare Aufgabe für die entsprechenden Wohngruppen herausgestellt. Hervorgehoben sei an dieser Stelle das Baugebiet Hilgenfeld. Eine Kooperation mit den Stiftungen, Gesellschaften und Kirchen, die in Frankfurt Flächen in Erbpacht vergeben, erscheint daher sinnvoll, um gemeinsam an Modellen zu arbeiten, wie im Sinne des Stiftungszwecks oder Auftrags der Gesellschaften auch durch diese ein reduzierter Erbbauzins zu realisieren wäre.
Durch die Digitalisierung des Vertragswesens soll eine höhere Transparenz über den Umgang mit städtischen Flächen entstehen und eine Entlastung für die Verwaltung einhergehen, wenn durch die neuen Regelungen künftig eine kleinteiligere Vertragsgestaltung und -betreuung anfällt.
Der Antrag und dazugehörige Dokumente können im Parlamentarischen Informationssystem (Parlis) eingesehen werden.