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Rede Fraktionsvorsitzende beim Empfang zu Ehren des 85. Geburtstag von Uli Baier

Freitag, 25.4.2025

Katharina Knacker:

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, liebe Kolleg:innen, sehr geehrte Gäste, vor allem aber: lieber Uli,

Wenn man das Wort "Kontinuität" in einem Wörterbuch nachschlagen würde, könnte man dort durchaus Ulis Portrait finden. Seit 1989 – das sind beeindruckende 36 Jahre – ist er ein unverzichtbarer Teil unserer Stadtverordnetenversammlung.

In diesen dreieinhalb Jahrzehnten hat Uli nicht nur politische Ereignisse und die Veränderungen in unserer Stadt miterlebt – er hat sie aktiv mitgestaltet. Als langjähriger planungspolitischer Sprecher, als Mitglied des Präsidiums, als zeitweiliger Fraktionsvorsitzender und zu Beginn sogar als Mitarbeiter unserer Fraktion hat er die Art und Weise, wie wir über Stadtentwicklung denken und sprechen, nachhaltig geprägt.

Wir feiern heute nicht nur eine Person, sondern eine lebendige Chronik der Frankfurter Planungspolitik und einen Ehrenamtler mit Leib und Seele.

Einer der Aspekte, die Uli auszeichnen, sind seine Genauigkeit und Liebe zum Detail. Seine akribischen Notizen – die, wie Oberbürgermeister Mike Josef kürzlich zurecht anmerkte, unbedingt ihren Platz im Stadtarchiv verdienen – sind ein einzigartiges Zeitzeugnis. Auch wenn die berüchtigte Handschrift vielleicht eine Herausforderung für die Archivare darstellen wird, wie unsere ehemalige Klimadezernentin Rosemarie Heilig schmunzelnd aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin in der grünen Geschäftsstelle zu berichten wusste.

Uli verkörpert wie kaum ein anderer die Verbindung von visionärem Denken und praktischer Umsetzung. Die großen Projekte die er in der Stadtentwicklung begleitet hat zeigen dies exemplarisch: Der Frankfurter Grüngürtel, der Dom-Römer-Komplex und die innovative Hochhausplanung.

Als Vorsitzender des Ausschusses, der dem Grüngürtel seine Verfassung gab, hat Uli ein Erbe geschaffen, das jede:r Frankfurter:in täglich spüren kann. Diese 8.000 Hektar grüne Lunge – ein Drittel unseres Stadtgebiets – sind heute mehr als nur eine Erholungsfläche. Sie sind ein lebendiges Symbol dafür, dass ökologisches Denken und urbanes Leben keine Gegensätze sein müssen, sondern zusammengehören.

Später führte Uli als Vorsitzender des Domrömer-Ausschusses die Rekonstruktion der historischen Frankfurter Altstadt – ein Projekt, das anfangs kontrovers diskutiert wurde, aber durch die gekonnte Zusammenführung von Rekonstruktion und Neuinterpretation wird es heute international als weiteres Wahrzeichen Frankfurts anerkannt. Diese beiden Projekte zeigen: Uli hat verstanden, dass unsere Stadt sowohl Wurzeln als auch Flügel braucht – Tradition und Innovation in einer ausgewogenen Balance.

Was mich persönlich an Uli immer beeindruckt hat, sind drei Eigenschaften: seine Energie, sein aufmerksames Zuhören und seine Offenheit gegenüber Neuem und dem Austausch mit Menschen.

Diese Eigenschaften möchte ich in einer Begebenheit illustrieren, die sich meist nach jeder Stadtverordnetenversammlung widerholt. Unsere Sitzungen gehen meist bis in die späten Abendstunden. Wenn man Uli dann fragt: "Kommst Du noch mit etwas trinken?" sagt Uli: Ich muss mein Seminar, das ich morgen früh halte, noch etwas vorbereiten und gehe noch in die Geschäftsstelle, ich komm dann aber nach. Was er dann auch tut, um mit Kolleg*innen unterschiedlicher Parteien noch den Abend ausklingen zu lassen.

Trotz der späten Stunde und der Strapazen der Sitzung hat er am nächsten Tag vermutlich keine Probleme, das Seminar zu halten und sich sicher dabei auch wieder mit allen intensiv auszutauschen. Diese Energie und dieses Durchhaltevermögen sind bemerkenswert und zeigen, wie groß sein Interesse an Austausch und Diskussion immer geblieben sind.

Übrigens bin ich genau halb so alt wie Uli – und manchmal frage ich mich, wer von uns beiden nach einem langen Sitzungstag energiegeladener ist!

Ulis Geschichte zeigt eindrucksvoll: Es sind nicht nur die "jungen Wilden", die eine Stadt voranbringen und die uns GRÜNE ausmachen. Auch die beeindruckende Kontinuität und die Perspektive älterer, erfahrener Menschen sind unverzichtbar. Unsere Fraktion ist stolz darauf, sowohl einige der jüngsten als auch der ältesten Mitglieder im Stadtparlament zu haben.

Lieber Uli, Danke für deine beeindruckende Arbeit und all die Lehren, die du uns jüngeren für unsere Arbeit durch dein Vorbild mitgegeben hast!

Nun möchte ich das Wort an meinen Kollegen Dimitrios Bakakis übergeben, der Uli schon länger kennt und weitere Facetten seiner beeindruckenden Laufbahn beleuchten wird.

Dimitrios Bakakis:

Sehr geehrte Gäste,

was ein schöner Tag! Und welch freudiger Anlass, hier reden zu dürfen, über einen Mann, dem wir so viel zu verdanken haben, von dem wir so viel lernen durften und dürfen, dem zuzuhören sich immer lohnt!

Lieber Uli, Du hast viele Gaben. Zuhören, offen sein und dranbleiben – egal wie lange es dauert – sind drei Deiner besonderen Eigenschaften, die Dich auszeichnen und Dich gemeinsam mit Deinem Pragmatismus zu einem erfolgreichen Brückenbauer in unserer oft zerstrittenen Stadtpolitik- und Gesellschaft machen.

Das konnten wir bei den Planungswerkstätten zum Kulturcampus erleben und nicht nur dort.

Ein herausragendes Beispiel für Deine pragmatische Weitsicht hat mir unser ehemaliger Stadtrat Stefan Majer berichtet: Ende der 1990er Jahre, als die Diskussion um den heutigen Opernturm in vollem Gange war, hast Du gegen erheblichen Widerstand eine Kehrtwende eingeleitet. Statt eines breiten, gedrungenen Hochhauses, das das gesamte Grundstück versiegelt hätte, hast Du Dich – gemeinsam mit Stefan – für ein viel höheres Gebäude eingesetzt, das nur einen Teil der Fläche beansprucht – und so die Erweiterung des Rothschildparks bis zur Bockenheimer Landstraße ermöglicht.

Das ist typisch für Dich, Uli: Keine dogmatische Ablehnung von Hochhäusern, wie es damals bei uns Grünen üblich war, sondern ein kluger Kompromiss: "Wenn schon ein Hochhaus, dann ein richtig hohes und dafür mehr öffentliches Grün mitten in der Stadt." Und das zu einer Zeit, als noch allseits von der "steinernen Stadt" geschwärmt wurde. Wir sind Dir dafür noch heute dankbar.

Auch hast Du Dich kontinuierlich für Bürger:innenbeteiligung eingesetzt. Als Mitinitiator zahlreicher Beteiligungsverfahren hast Du dafür gesorgt, dass die Stimmen der Bürger:innen in der Stadtentwicklung Gehör finden. Vom Kulturcampus Bockenheim bis zur Entwicklung des Europaviertels – immer hast Du darauf bestanden, dass die Menschen, die hier leben, auch mitentscheiden sollen, wie ihre Stadt aussieht. Und wenn Du Dich mit einem Beteiligungsformat mal nicht durchsetzen konntest, war zumindest klar, dass Du selbst die unterschiedlichsten Perspektiven einholen und mitbedenken würdest.

Deine zahlreichen Verbindungen in die Stadtgesellschaft hinein und Deine Neugier auf die Perspektiven anderer Menschen haben unsere Politik bereichert und geprägt.

Besonders deutlich wird dies an Deinem Engagement für Deinen Stadtteil, das Gallus, wo Du seit Jahrzehnten wohnst und dessen Umgestaltung Du mit großem Engagement begleitet hast.

Olaf Cunitz, unser ehemaliger Planungsdezernent, erinnert sich gerne an Dein Wirken im Stadtteil, in dem Ihr eine Zeit lang Nachbarn wart. Viele Deiner Wegbegleiter:innen aus dieser Zeit sind auch heute hier und können bestätigen: Das Gallus hat für Dich eine besondere Bedeutung, weit über die reine Politik hinaus.

Olaf erinnert sich auch gerne an die Zusammenarbeit mit Dir. Er fühlte sich von Dir als Dezernent, der umstrittene Entscheidungen fällen musste, immer unterstützt – aber: "mit eigenem Kopf – Uli halt!". Etwas, das Deine Fraktionsvorsitzenden schmunzelnd unterzeichnen können.

Beeindruckend ist auch dein lebenslanges Lernen. Du hast im fortgeschrittenen Alter noch begonnen, Chinesisch zu lernen und warst öfters in China – passend zu deiner Zuständigkeit für die Städtepartnerschaft mit Guangzhou. Lebenslanges Lernen – dafür steht nicht zuletzt auch Deine beeindruckende Tätigkeit an der U3L, an der du noch heute Seminare zu aktuellen soziologischen Themen gibst. Du hast als Dozent Generationen geprägt – darunter auch einige der Menschen, die heute hier im Römer Politik machen!

Lieber Uli, Dein politisches Wirken lehrt uns eine wichtige Lektion: Große Veränderungen beginnen mit klaren Visionen, aber sie werden Wirklichkeit durch beharrliche, kontinuierliche Arbeit und die Fähigkeit, Menschen mitzunehmen und zu überzeugen.

Die Herausforderungen, vor denen wir heute stehen – allen voran die Klimakrise – verlangen genau diese Qualitäten: Weitsicht, Beharrlichkeit und die Fähigkeit, unterschiedliche Interessen zusammenzuführen. Dein Beispiel macht uns Mut, dass wir diese Herausforderungen meistern können.

Heute, an deinem 85. Geburtstag, danken wir Dir für deinen unermüdlichen Einsatz für unsere Stadt. Für Deinen Beitrag zu einem grüneren, lebendigeren und menschenfreundlicheren Frankfurt. Für Deine Beharrlichkeit, auch bei Gegenwind. Und für die Inspiration, die du für nachfolgende Generationen von Kommunalpolitiker:innen darstellst.

Deine Notizen über die Aussagen verschiedener Planungsdezernenten mögen, wie der Oberbürgermeister feststellte, ihren Platz im Stadtarchiv verdienen. Noch wichtiger aber ist, dass deine Ideen und Werte ihren festen Platz in der DNA unserer Stadtpolitik gefunden haben.

Die grüne Fraktion im Römer ist stolz und dankbar, dich nun schon so lange in ihren Reihen zu haben.

Du verkörperst das Beste, was grüne Kommunalpolitik ausmacht: die Verbindung von ökologischem Bewusstsein mit sozialer Verantwortung und demokratischer Teilhabe.

Lieber Uli, ich verneige mich vor Deinen Leistungen. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Mögen deine Visionen uns weiterhin den Weg leuchten auf unserem gemeinsamen Weg zu einer nachhaltigeren und gerechteren Stadt.

Vielen Dank!