Kaum Zuspruch Grüner Politik trotz der sichtbaren Schrecken des Klimawandels
Liebe Freund*innen,
während die Klimakatastrophe überall auf der Welt ihr schreckliches Gesicht zeigt, mit Hitze oder Starkregen, während wir jetzt im Juni in unserer nächsten Umgebung schon zwei Waldbrände hatten, am Altkönig und im Frankfurter Stadtwald, scheint es, als würde sich alle Welt von uns Grünen abwenden wollen. Wir würden den Menschen zu viel zumuten, heißt es, und neuestes Beispiel ist das Gebäudeenergiegesetz, das unser grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck zusammen mit Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) auf den Weg gebracht hat. Das Gesetz sei handwerklich schlecht gemacht, polemisiert der Koalitionspartner auf Bundesebene FDP. Jetzt hat Habeck nachgegeben, und das geplante Gesetz so entschärft, dass es massiv Kritik aus der Klimabewegung dafür gibt – während es dem konservativen Lager immer noch zu weit geht. Wir Grünen sitzen gerade zwischen allen Stühlen, und zwar ziemlich unbequem.
Die grüne Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat zutreffend analysiert, dass Klimaschutz nicht mehr als Aufgabe aller Parteien gesehen wird, sondern nur noch parteipolitisch betrachtet wird. Wenn das Thema nur bei den Grünen liege, und bei FDP und SPD kein Interesse herrsche, das völkerrechtlich verpflichtende Pariser Klimaabkommen auch umzusetzen, dann sei dieses Ziel zum Scheitern verurteilt. Neubauer kritisierte, dass FDP und SPD es nicht geschafft hätten, einen eigenen Zugang für Paris-konformen Klimaschutz zu finden, sondern stattdessen vor allem blockieren und verlangsamen - obwohl gerade das weder die Freiheit der Menschen heute und in Zukunft erhöhe, noch sozial gerecht sei.
Ich kann mich dieser Analyse nur anschließen. Doch wie kommen wir aus dem Schlamassel wieder heraus? Ich meine, es kann nur gelingen, wenn es uns wieder gelingt, die Menschen mitzunehmen. Selbst wenn es Zeit kostet, die wir eigentlich im Kampf gegen die Klimakatastrophe nicht haben.
Deswegen halte ich es für richtig, dass Robert Habeck den Gesetzentwurf jetzt so geändert hat, dass nun doch für längere Zeit noch Gasheizungen eingebaut werden dürfen, wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind. Ich halte es für richtig, dass in Städten erst dann die neuen Vorschriften zur Anwendung kommen sollen, wenn die Kommunen Wärmepläne vorgelegt haben. Hausbesitzer*innen sollten die Information, ob ihr Haus an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden kann, in ihre Entscheidungen einbeziehen können. Ich halte es für richtig, dass Holz und Holzpellets auch in Zukunft als erneuerbare Energien gewertet werden, auch wenn man sich darüber streiten kann, in welchem Maße dieses sinnvoll ist. Ich halte es auch für richtig, dass die Förderung ökologischer Heizanlagen gegenüber dem ersten Entwurf ausgeweitet werden soll – wieweit, ist noch unklar, auf der Bremse steht Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP. Doch ohne Förderung wird gar nichts funktionieren, das wird auch Lindner einsehen müssen.
Wenn die Menschen im Jahr 2024 unbedingt noch neue Gas-Heizungen einbauen wollen, dann sollen sie es tun können. Ohne ein Gesetz, das dieses verbietet. Aber unter dem Hinweis, dass Heizungen eine Lebensdauer von über 20 Jahren haben und der Gaspreis mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in diesen 20 Jahren drastisch steigen wird. Unter dem Hinweis, dass Wasserstoff heute noch sehr teuer ist und in Zukunft in großen Mengen für andere Anwendungen gebraucht werden wird, von der Stahlherstellung bis zu Einsatzbereichen in der Mobilität. Wasserstoff in privaten Heizanlagen zu verfeuern, das wird es in den nächsten 20 Jahren nicht zu wirtschaftlichen Preisen geben. Das müssen wir den Menschen sagen, weil es die Wahrheit ist, aber wenn sie dann trotzdem ihr Geld auf eine Gasheizung setzen, dann sollen sie es tun können.
Wir können die Menschen nicht von falschen Entscheidungen abhalten durch Gesetze und Verbote. Das wird immer nur Widerstand erzeugen, der dann nicht zu überwinden ist. Wir können den Durchbruch in eine klimafreundlichere Welt nur schaffen durch gute Beispiele, durch Förderungen, durch gute Konzepte, durch Impulse, die, wenn nicht alle mitnehmen, dann doch die meisten.
Momentan boomt die Photovoltaik. Endlich. Es sollte auch in diesem Bereich noch viel schneller gehen, aber es geht endlich wieder richtig voran. Im Monat Mai 2023 gab es einen neuen Ökostrom-Rekord in Deutschland. Die erneuerbaren Energien erreichten einen Anteil an der Stromerzeugung von 65 %, der Anteil an Photovoltaik daran betrug 24 %. Fast ein Viertel des deutschen Stroms wurde durch Photovoltaik erzeugt! Das sind Werte, die unsere Gegner*innen immer für unmöglich gehalten haben. Das sollten wir feiern und als Rückenwind für die Zukunft nutzen.
Liebe Grüße
Euer Thomas Schlimme