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Das erste Aufwachen im Frieden vor 80 Jahren

Das erste Aufwachen im Frieden vor 80 Jahren

Freitag, 9.5.2025

Liebe Freundinnen und Freunde,

Heute vor 80 Jahren ist Europa zum ersten Mal seit fünf schrecklichen Kriegsjahren in Frieden aufgewacht. Ein Frieden, der damals noch nicht mal einen Tag alt war. Es war die historische Leistung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion, die es trotz ihrer verschiedenen Weltanschauungen und politischen Traditionen geschafft hatten, vereint die Welt vom Nationalsozialismus zu befreien.

Es war auch eine historische Leistung der USA nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, das von den Deutschen zerstörte Europa aufzubauen und die Integration Europas zu unterstützen. Mit dem Marshall-Plan hat sich die damalige Regierung zu ihrer Verantwortung bekannt. Wir müssen entscheiden, ob wir den freien Nationen Europas helfen wollen, sich von den Verwüstungen des Krieges zu erholen. Unsere Entscheidung wird maßgeblich über die Zukunft der Menschen dieses Kontinents entscheiden, appellierte der damalige Präsident Harry S. Truman in seiner offiziellen Ankündigung des Marshall-Plans im Dezember 1947.

Kurz nach seiner zweiten Amtseinführung sagte der aktuelle US-Präsident, die Europäische Union sei gegründet worden, to screw the United States.Dass sein Vizepräsident Europa hasst, ist allerspätestens seit dem Signal-Gate auch klar. In seiner Abneigung gegenüber der Europäischen Union ist JD Vance aber nicht alleine. Trump und seine Verbündeten wiederholen und untermauern die Narrative Russlands. Das müssen wir uns auch vor Augen führen, wenn wir des 08. Mai gedenken. Die USA und Russland sind wieder vereint, nur diesmal in ihrem geteilten Hass gegenüber Europa und den europäischen Institutionen. Die einzige Verpflichtung, die Männer wie Trump und Putin empfinden, ist gegenüber sich selbst. Dabei sind sie bestens vernetzt mit Gleichgesinnten. Die Demokratie weltweit mit ihrer Rechtsstaatlichkeit ist ein Dorn im Auge; das Wohl und Interesse des eigenen Staates sind für sie irrelevant.

Die Geschichte Deutschlands zeigt uns, was passieren kann, wenn rechtsextremistische Parteien, geprägt von Hass und Feindlichkeit, an die Macht kommen. Deshalb ist der 08. Mai einer der schwierigsten, aber auch wichtigsten Tage in der deutschen Erinnerungskultur: der Tag der bedingungslosen Kapitulation, aber auch der Tag der Befreiung. Ich glaube, dass wir an diesem Tag und in der heutigen Zeit, in der der Faschismus wieder auf dem Vormarsch und der Zerfall der regelbasierten Ordnung keine abstrakte Idee mehr darstellt, mutig und besonnen unsere Rolle in der Welt reflektieren müssen. Aufgrund seiner Geschichte trägt Deutschland eine besondere Verantwortung gegenüber den liberalen Demokratien in Europa und weltweit. Wir wissen, was sich nicht wiederholen darf, aber wir müssen uns auch fragen, was wir darüber hinaus tun müssen. Das Vokabular gegen die Vulgarität autoritärer Sprachen und die Instrumente zur Demokratieverteidigung sind in unserem Grundgesetz bereits verankert. Die neue Realität ist, dass wir uns auf die USA nicht mehr verlassen können und es wäre fatal, aus der zweiten Reihe abzuwarten, wie sich die Politik dort oder anderswo weiterentwickelt.  

Deshalb ist ein AfD-Verbot eine notwendige Maßnahme, um die demokratische Ordnung hierzulande zu schützen. Wir tragen die Verantwortung, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, gerade weil Putin seinen brutalen Angriffskrieg als Kampf gegen den Faschismus in der Ukrainebezeichnet. Es ist unsere Pflicht, internationale Allianzen zu stärken und auszubauen. Die Empfehlung des Auswärtigen Amtes, keine Vertreter*innen der russischen Regierung zu den Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende einzuladen, ist ein wichtiger Schritt. Stattdessen könnten wir Oppositionelle und Demokratieverteidiger*innen aus Russland einladen, um ein starkes Zeichen zu setzen: Wir Demokratinnen und Demokraten halten zusammen. Die Zusammenarbeit der Demokratien weltweit muss effizienter und schneller laufen als die Vernetzung unserer Gegner; wir müssen entschlossener und vereinter handeln. Deutschland kann hierbei eine führende Rolle übernehmen. Wir dürfen die Narrative nicht den autoritären Regimen überlassen. Das ist unser gemeinsamer Auftrag seit dem 8. Mai 1945. Die Demokratie lässt sich auf Dauer nicht durch Alleingänge verteidigen. Aber gemeinsam und mit Mut, Ausdauer und Leidenschaft, können wir erfolgreich sein.

Eure Desislava Zhecheva

Beisitzerin im Kreisverband