60 Jahre Auschwitz-Prozess Ein Volk von Gehilfen? Politische Hintergründe einer Argumentationsfigur im Strafrecht
Die sogenannte Gehilfenrechtsprechung in Prozessen wegen nationalsozialistischer Gewaltverbrechen bezog sich seit den 1960er Jahren auf das »Staschynskij-Urteil« des Bundesgerichtshofs (BGH) von 1962. Darin wurde ein vom sowjetischen Geheimdienst gedungener Mörder lediglich wegen Beihilfe zum Mord an dem bekannten ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera verurteilt. Staschynskij habe die Tat auf Geheiß des KGB, mithin nicht aus eigenem Willen, sondern als Gehilfe verübt. Warum stützte sich der BGH in der heißesten Phase des Kalten Kriegs ausgerechnet auf einen Fall, der nicht das Zentrum des Mordgeschehens im Holocaust erfasste, sondern die Ermordung eines ukrainischen Kollaborateurs durch einen Angehörigen des feindlichen Geheimdiensts, der sich nach dem Attentat in den Westen absetzte? Das Urteil in diesem Fall wurde wegweisend für spätere NS-Verfahren, auch für den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess. Anlässlich des 60. Jahrestags seines Beginns wird in der Diskussion die Frage aufgeworfen, welche Widerstände in Justiz und Gesellschaft verhinderten, dass bestehende Reformansätze zur Aburteilung nationalsozialistischer Massenverbrechen realisiert wurden. Weitere Infos zur der Veranstaltung findet ihr hier.
Plenarsaal der Stadtverordneten im Römer • Römerberg 23