Rede zum Koalitionsantrag „Solarenergie-Nutzung in Bebauungsplänen und bei städtischen Grundstücksvergaben zum Standard machen“ (NR 1157/25)
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Umweltbundesamt hat gerade neue Zahlen zur Energiewende in Deutschland vorgelegt: Letztes Jahr konnten erstmals über 54% des gesamten Strombedarfs mit Strom aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Dies liegt vor allem am schnellen Ausbau der Photovoltaik.
Die Energiewende – und insbesondere der Ausbau der Solarenergie-Nutzung – bringt uns eine dreifache Dividende:
Erstens sparen wir damit bares Geld. Eine neue Analyse des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme kommt zu dem Ergebnis, dass die Stromgestehungskosten der Photovoltaik in Deutschland 2024 zwischen 4,1 und 14,4 Cent pro Kilowattstunde lagen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Strompreis für Haushalte belief sich 2024 auf 40,2 Cent pro Kilowattstunde. Damit ist Sonnenstrom vom eigenen Dach die günstigste Stromquelle des Landes.
Zweitens stärken wir damit unsere Wirtschaft: Die Investitionen in erneuerbare Energien in Deutschland beliefen sich 2024 laut Umweltbundesamt auf 32 Milliarden Euro. Die Umsätze aus dem Betrieb der Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien beliefen sich auf weitere 23,3 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft. Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung hat sich die Zahl der ausgeschriebenen Jobangebote im Bereich der Energiewende seit 2019 mehr als verdoppelt. Allein in der Solarbranche wurden 2024 in Deutschland 102.000 Stellen ausgeschrieben.
Und drittens können wir dadurch die Klimakrise wirkungsvoll bekämpfen. In 2024 wurden in Deutschland nach den Angaben des Umweltbundesamtes durch den Einsatz erneuerbarer Energien insgesamt 256 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase eingespart.
Wir wollen, dass auch Frankfurt von den Chancen des Solarausbaus voll profitieren kann. Die Rahmenbedingungen sind ideal, denn Frankfurt hat ein sehr großes Solarenergiepotenzial.
Der vorliegende Antrag – wie auch der andere heute eingebrachte Antrag zum PV-Ausbau an den Lärmschutzwänden entlang von Autobahnen und Schienenwegen – ergänzt unsere „Solaroffensive“, die wir im Herbst 2022 gestartet haben.
Wir haben seitdem die städtischen Informations- und Beratungsangebote ausgebaut und erstmals eine sehr attraktive städtische Förderung für Solaranlagen und Batteriespeicher eingeführt. Wir treiben den Photovoltaik-Ausbau auf den Dächern der städtischen Gebäude und der Gebäude der städtischen Tochter- und Beteiligungsgesellschaften mit Hochdruck voran. Wir lassen gerade stadtweit prüfen, auf welchen Flächen wir bis Ende 2026 erste Solarparks realisieren können. Wir haben im neuen Hochhausrahmenplan höchste ökologische Standards verankert, die zu mehr Photovoltaik an Hochhausfassaden führen werden. Und wir haben die Gründung der ersten Frankfurter Bürgerenergie-Genossenschaft aktiv unterstützt.
Die Zahlen zeigen uns, dass unsere „Solaroffensive“ bereits wirkt: Im September 2022 waren im Stadtgebiet Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 53 MWp installiert. Heute – nur 2,5 Jahre später – sind es schon knapp 90 MWp. Allein letztes Jahr konnten rund 20 MWp zugebaut werden. Wir haben die installierte Gesamtleistung seit Beginn der Offensive damit beinahe verdoppelt und sehr bald werden wir die 100 MWp-Marke knacken.
Überall in der Stadt entstehen gerade neue Solaranlagen – auf den Dächern von Wohnhäusern und Gewerbegebäuden, auf Schulen und Sporthallen, an Balkonen und Hochhausfassaden.
Hier nur ein paar wenige Beispiele: Seit Beginn der städtischen Solarförderung im Herbst 2023 wurden über 2.300 Förderanträge von privaten Haushalten, Unternehmen und Vereinen gestellt. Im Rahmen der Schulbau- und der Sanierungsoffensive werden in den nächsten Jahren sehr viele städtische Gebäude neu gebaut oder saniert und darauf Photovoltaik-Anlagen installiert. ABG und Mainova treiben gemeinsam den Ausbau von Mieterstrom-Anlagen mit Hochdruck voran. Auf dem Dach des Waldstadions und des neuen „Main Bad Bornheim“ wurden kürzlich Solaranlagen installiert. Die neu gegründete Frankfurter Bürgerenergie-Genossenschaft hat ihre erste Anlage in Betrieb genommen. Die Fraport errichtet gerade eine wegweisende PV-Freiflächenanlage entlang der Startbahn West, die am Ende 17,4 MWp erbringen soll. Immer mehr Hochhäuser integrieren Solarmodule in ihre Fassaden.
Diese Dynamik ist höchst erfreulich und zeigt, dass wir in Frankfurt schnell vorankommen können, wenn wir gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und anpacken. Aber wir müssen noch deutlich mehr tun, wenn wir unser Potenzial voll ausschöpfen wollen.
Der „SolarCheck 2024“ zur Photovoltaik-Leistung in deutschen Großstädten mit mehr als 500.000 Personen zeigt uns, dass wir insbesondere bei der Solarenergie-Nutzung auf neu gebauten Dachflächen noch deutlich besser werden können und müssen.
Dabei sind gerade diese neuen Dächer ideal für eine Solaranlage: Die Statik des Gebäudes trägt das Gewicht der Anlage, die Elektrik ist auf dem neuesten Stand, die Dachhaut muss bis zum Ende der Lebensdauer der Anlagen nicht mehr angefasst werden. Viele der neu errichteten Gebäude haben zudem größere, zusammenhängende Flachdächer. Und außerdem werden in vielen neuen Gebäuden strombetriebene Wärmepumpen und Ladesäulen für elektrische Fahrzeuge installiert, die mit dem günstigen Sonnenstrom vom eigenen Dach betrieben werden könnten. Neu errichtete Gebäude sind daher diejenigen Gebäude, die am besten für eine Solaranlage geeignet sind.
Wir setzen deshalb mit unserem neuen Antrag genau an dieser Stelle an. Wir wollen dazu beitragen, dass die Installation von Solartechnik-Anlagen auf neu gebauten Wohn- und Nichtwohngebäuden endlich auch in Frankfurt zum Standard wird.
Wir haben uns dafür genau angesehen, welche Ansätze sich in anderen Städten in der Praxis bewährt haben. Ein entscheidender Baustein des Erfolgs in anderen Städten sind die rechtlichen Regelungen – insbesondere entsprechende Regelungen in Bebauungsplänen sowie in Erbpacht- und in Kaufverträgen für städtische Liegenschaften.
Die Landesenergieagentur Hessen informiert deshalb ausführlich über „Rechtliche Möglichkeiten energetischer Festsetzungen in der Bauleitplanung“ und die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen hat extra dafür eine rechtssichere „Muster-Festsetzung von Photovoltaik-Anlagen in Bebauungsplänen“ veröffentlicht. Diese Muster-Festsetzung empfiehlt den Kommunen, in Bebauungsplänen festzusetzen, dass mindestens 50% der nutzbaren Dachfläche der Gebäude mit Photovoltaik-Modulen auszustatten sind. Wir haben daher – unserem ‚best practice‘-Ansatz folgend – diese als rechtssicher und wirtschaftlich zumutbar eingestufte Formulierung übernommen und um eine Regelung zur flexiblen Handhabung ergänzt.
Wir kombinieren also auch hier wieder ambitionierte Zielsetzung mit pragmatischer Vorgehensweise.
Neben den Bebauungsplänen haben wir als Stadt noch einen zweiten großen Hebel, den wir nutzen können. Dieser bezieht sich auf die städtischen Grundstücke, die in Erbbaurecht vergeben werden oder – in sehr seltenen und gut begründeten Ausnahmefällen – verkauft werden. Wir beauftragen den Magistrat mit unserem Antrag, bei der zukünftigen Verpachtung und beim zukünftigen Verkauf von städtischen Grundstücken in den Verträgen festzuschreiben, dass auch dort Solartechnik-Anlagen auf mindestens 50% der nutzbaren Dachfläche zu installieren sind.
Mit den heute vorliegenden Anträgen werden wir unser großes Solarpotenzial in Frankfurt deutlich besser ausschöpfen können.
Wir können damit von günstigem Solarstrom profitieren, zukunftsfeste Arbeitsplätze und neue Aufträge für unsere lokalen Unternehmen schaffen und die Klimakrise wirksam bekämpfen. Wir können daher soziale, ökonomische und ökologische Ziele gleichzeitig erreichen. Das ist eine klassische win-win-win-Situation.
Die Frankfurterinnen und Frankfurter freuen sich schon darauf: Die Installation von Solaranlagen auf neu errichteten Wohn- und Nichtwohngebäuden genießt breite Zustimmung in der Bevölkerung. Einer repräsentativen Umfrage zufolge begrüßen über 80% der Deutschen diesen Ansatz.
Es spricht also alles für diesen Ansatz. Lassen Sie uns daher gemeinsam diese Chance ergreifen, dem Beispiel vieler anderer Städte folgen und die Solarenergie-Nutzung auch in Frankfurt zum neuen Standard machen!
Vielen Dank!