Antrag: Sanierungsoffensive für Frankfurt I: Weiterentwicklung des kommunalen Förderprogramms zur Beschleunigung der energetischen Sanierung von privaten Wohn- und Nichtwohngebäuden
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Magistrat wird beauftragt, das seit 2014 bestehende städtische Förderprogramm "Frankfurter Programm zur Modernisierung des Wohnungsbestandes" auf seine Wirksamkeit zur Erreichung eines im Betrieb klimaneutralen privaten Gebäudebestandes bis 2035 hin zu evaluieren und vor dem Hintergrund der neuen Gesetzgebungsinitiativen und Förderprogramme von Bund und Land sowie auf der Grundlage der Erfahrungen mit besonders erfolgreichen Förderprogrammen in anderen Städten in ein attraktives, wirksames und sozialverträgliches kommunales Förderprogramm zum klimaneutralen Bauen, Sanieren und Wohnen weiterzuentwickeln. Energetische Sanierungsmaßnahmen sollen erleichtert werden, Mieterschutz und energetische Sanierung dürfen sich jedoch nicht gegenseitig behindern.
Energetische Sanierungsmaßnahmen sollen sozialverträglich umgesetzt werden. Das bedeutet: Sanierungen, die von der Stadt gefördert werden, dürfen nicht zu Mieter*innenverdrängung führen. Fördergelder sind daher bei einer möglichen Berechnung der Modernisierungsumlage abzuziehen.
Letztendlich sollen auch die Mieter*innen von einer energetischen Sanierung profitieren. Die Einhaltung der sozialverträglichen Umsetzung wird durch den Magistrat laufend beobachtet.
Das Förderprogramm soll nur Maßnahmen fördern, die laut kommunalem Wärmeplan in diesem Gebiet empfohlen werden, um die Verzahnung der energetischen Sanierung von Einzelgebäuden mit der kommunalen Wärmeplanung sicherzustellen.
Im Rahmen des Förderprogramms soll der Einsatz ökologisch vorteilhafter Dämmstoffe besonders gefördert werden. Bestehende Nist- und Brutstätten von geschützten Arten (z.B. Mauersegler, Fledermäuse oder Falken) sollen frühzeitig erfasst, soweit möglich erhalten und, falls dies technisch nicht möglich ist, adäquat ersetzt werden.
Der Magistrat wird beauftragt, zu klären, wie das städtische Förderprogramm so ausgestaltet werden kann, dass es die bestehenden Förderprogramme anderer staatlicher Ebenen optimal ergänzen kann.
Das Förderprogramm wird grundsätzlich über ein vollständig digitales Beantragungs- und Bearbeitungsverfahren gemäß dem barrierefreien Zugang der NR 523/22 abgewickelt.
Die überarbeiteten Förderrichtlinien des Programms sollen möglichst noch im Jahr 2023 vorgelegt werden und auch die Ergebnisse des laufenden Austauschs mit Eigentümer*innen- und Mieter*innenverbänden im Hinblick auf Erhaltungs- und Milieuschutzsatzungsgebiete berücksichtigen.
Begründung:
Die Beschleunigung der energetischen Sanierung von privaten Wohn- und Nichtwohngebäuden trägt maßgeblich dazu bei, dass die Wärmeversorgung dieser Gebäude unabhängiger wird von importierten fossilen Energieträgern, dass die Treibhausgasemissionen reduziert werden, dass die Heizkosten gesenkt werden, dass die Behaglichkeit der Gebäude erhöht wird, dass der Wert der Gebäude gesteigert wird und dass die Beschäftigung und Wertschöpfung im lokalen Handwerk gefördert werden.
Die beschleunigte energetische Sanierung des privaten Gebäudebestandes leistet einen zentralen Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität des Frankfurter Stadtgebietes bis 2035. Der Gebäudebereich ist mit rund 40 Prozent der größte Energieverbraucher in Deutschland und macht rund 30 Prozent der CO²-Emissionen hierzulande aus. Dem Gebäudesektor kommt damit bei der Umsetzung der Energiewende und dem Erreichen der Klimaschutzziele eine Schlüsselstellung zu. Bei der energetischen Sanierung der Gebäude geht es insbesondere darum, die Gebäudehüllen besser energetisch zu dämmen, energieeffizientere Heizungen einzubauen und Wärme aus klimaneutralen oder klimafreundlicheren Quellen zu nutzen.
Nach den Berechnungen des Instituts für Wohnen und Umwelt in Darmstadt beträgt die Sanierungsquote in Frankfurt bislang etwa 1 % pro Jahr. Das bedeutet, dass es bei dieser Geschwindigkeit 100 Jahre dauern würde, bis der gesamte Gebäudebestand saniert wurde. Das Wuppertal Institut geht jedoch davon aus, dass eine Sanierungsquote von 4 % pro Jahr nötig wäre, um die Klimaneutralität bis 2035 erreichen zu können. Eine solche Quote ist nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Land, Stadt, privaten Haushalten, Unternehmen und Vereinen erreichbar und erfordert eine möglichst weitgehend digitalisierte und unbürokratische Abwicklung.
In Frankfurt gibt es bereits seit 2014 ein städtisches Förderprogramm zur finanziellen Unterstützung der energetischen Sanierung privater Gebäude ("Frankfurter Programm zur Modernisierung des Wohnungsbestandes", § 5083 vom 25.09.2014). Die Information darüber erfolgt über den Internetauftritt des Stadtplanungsamtes. Die Beratung zu diesem Programm erfolgt durch zwei Stellen im Stadtplanungsamt und durch zwei vom Stadtplanungsamt beauftragte externe Berater*innen. Ergänzend dazu stellt das Klimareferat vielfältige Informationen zum Thema energetische Sanierung auf seinem Internetauftritt bereit. Das Klimareferat berät ebenfalls zu energetischer Sanierung durch eigenes Personal und durch bislang drei Stellen in dem vom Klimareferat beauftragten städtischen Energieberatungszentrum "Energiepunkt". Darüber hinaus bieten die Mainova, die ABGnova, die LandesEnergieAgentur Hessen, die BAFA, die Verbraucherzentrale und die zertifizierten privaten Energieberater*innen vielfältige Informationen und Beratung im Bereich der energetischen Sanierung von privaten Gebäuden an. Gleichwohl ist das Tempo der energetischen Sanierung, wie ausgeführt, unzureichend.
Für die breite Akzeptanz der Sanierungsmaßnahmen ist es entscheidend, dass die energetische Sanierung der privaten Gebäude sozialverträglich umgesetzt wird. Dies gilt insbesondere in einer Stadt wie Frankfurt, in der rund 80 % der Haushalte zur Miete wohnen. Das bedeutet: Durch die energetische Sanierung der Gebäude darf keine Mieter*innenverdrängung entstehen, sondern daraus sollen, wenn möglich, Mietentlastungen bei den Nebenkosten resultieren. Die Belastungen für die Vermieter*innen im Hinblick auf Bürokratie müssen auf das Minimum heruntergesetzt werden, damit die Bereitschaft zur Inangriffnahme entsprechender Maßnahmen deutlich steigt.
Der bereits gestartete Runde Tisch mit Mieter*innen-, Vermieter*innenverbänden und Baugewerbe ist ein vielversprechender Weg, der Mieter- und Viermieterinteressen zusammenführt mit dem Ziel, dass dabei sozial ausgewogen agiert wird, die Schaffung des dringend benötigten Wohnraums in der Innenentwicklung ermöglicht, eine Modernisierung unseres Wohnungsbestandes erleichtert und die Umsetzung energetischer Sanierungsmaßnahmen, die wir zwingend zum Erreichen unserer Klimaziele benötigen, unterstützt sowie die Bezahlbarkeit von Wohnraum gewährleistet wird.
Die energetische Sanierung der privaten Gebäude soll darüber hinaus mit höchstmöglichen ökologischen Standards umgesetzt werden. Hierzu zählt, dass die jeweils größtmögliche Einsparung von Treibhausgasemissionen angestrebt werden soll. Die eingesetzten Baumaterialien, insbesondere die Dämmstoffe, sollen nach Möglichkeit aus ökologisch vorteilhaften und nicht aus fossilen Bestandteilen bestehen. Der Einsatz ökologisch vorteilhafter Dämmstoffe soll daher im Rahmen des städtischen Förderprogramms besonders gefördert werden.
Der Antrag und dazugehörige Dokumente können im Parlamentarischen Informationssystem (Parlis) eingesehen werden.