Rede zum Haushalt
Frau Vorsitzende, werte Kolleg*innen, liebe Bürger*innen,
Haushaltsdebatten haben etwas ritualhaftes. Koalitionen feiern ihre Beschlüsse und legen dar, was sie alles auf den Weg bringen; Oppositionen versuchen, Haare in der Suppe zu finden, meinen, es sei an der einen Stelle zu viel, an der anderen zu wenig. Man arbeitet sich gerne aneinander ab. Das ist OK, das gehört dazu, aber wir dürfen bei alledem nicht aus dem Blick verlieren, warum wir das alles machen.
Wir machen das für die Menschen in dieser Stadt. Wir machen das, damit alle Frankfurter*innen, mit all ihren verschiedenen Bedürfnissen ein möglichst gutes Leben haben. Die vornehmste Aufgabe von Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Menschen ermöglichen, ihren individuellen Lebensentwurf selbstbestimmt verwirklichen zu können. Heute wie auch morgen. Das ist unsere Maxime und deshalb machen wir das alles.
Wie gehen wir dabei vor? Zunächst möchte ich betonen: In enger Abstimmung mit dem Magistrat. In den Debatten, die wir in den Ausschüssen geführt haben, wurde seitens der Opposition mehrfach kritisiert, dass der Magistrat dieses und jenes nicht von sich aus in seinem Haushaltsentwurf vorgesehen hätte. Nun muss der Magistrat aber nicht alles allein machen. Die Dezernate wissen aus den Vorjahren und aus unseren Abstimmungsgesprächen, welcher Themen und Projekte sich die Stadtverordneten annehmen und auch annehmen wollen.
Das von Ihnen kritisierte Nichteinstellen seitens des Magistrats gibt uns Stadtverordneten Raum, zu wirken. Das ist uns auch wichtig. Es wurde auch kritisiert, dass wir keine Gegenfinanzierungsvorschläge machen. Diese sind aber gar nicht notwendig, da der Magistrat unsere Etatanträge bereits mitbedacht und uns auch finanziell Raum geschaffen hat. Auch hierfür vielen Dank. Insofern ist beides kein Manko, sondern Ausdruck einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Magistrat und die ihn tragenden Fraktionen.
Ich möchte daneben betonen, dass wir nicht nur mit dem Magistrat in stetem Austausch waren. Unseren Etatanträgen vorausgegangen sind auch unzählige Gespräche, die Fachpolitiker*innen mit Trägern und Vereinen, mit Initiativen und Aktivist*innen geführt haben. Unsere Stadtverordneten haben sich die Zeit genommen, sich mit diesen Menschen zu treffen, ihnen zuzuhören und gemeinsam zu schauen, was machbar ist. Danke für Euren Einsatz.
Wir haben sodann sowohl strukturelle Veränderungen geschaffen, die längerfristig wirken und sich vielleicht eher indirekt positiv auf das Leben der Menschen auswirken, sind aber auch teilweise sehr kleinteilig vorgegangen und schaffen direkt und kurzfristig Abhilfe. Wesentliche Veränderungen in Strukturen und Abläufen hat der Kämmerer bereits in seiner Einbringungsrede ausführlich dargelegt. Ich möchte sie nur kurz umreißen. Unser Ziel ist mehr Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit, mehr Transparenz und Wirkungsorientierung. Dazu haben wir die Finanzarchitektur auf eine ganz neue Basis gestellt.
Wir sind abgekommen von den früher üblichen Chef*innengesprächen zwischen Kämmerer und Fachdezernent*innen und sind übergegangen zum Gegenstromverfahren mit Eckwerten. Wir sind abgekommen von der Tradition der weitgehenden Fortschreibung zum Teil unrealistischer Ansätze und haben nach dem Prinzip des zero-based budgetings erst einmal alles auf null gesetzt. Wir legen einen Doppelhaushalt vor und machen uns damit endlich auf den Weg, den Haushalt künftig termingerechter zu verabschieden. Und wir haben zum ersten Mal seit langer Zeit einen Haushaltsentwurf, der im Verlauf des Planungszeitraums die Rücklagen nicht aufzehrt, sondern wiederaufbaut. So sieht ein nachhaltiger, transparenter und verlässlicher Haushalt aus.
Wir sprachen davon, dass umfangreiche Transformationsprozesse anstehen, wollen wir unsere Stadt zukunftssicher machen. Dieser Haushalt enthält folgerichtig auch ein größeres Investitionsbudget denn je. Doch diese Gelder nützen wenig, wenn sie nicht auf die Straße gebracht werden. Hierfür braucht es in erster Linie Personal. Unter anderem deshalb weiten wir mit dem Stellenplan 2024/2025 die Stellenreserve von derzeit 165 Stellen auf 600 Stellen aus, schaffen also 435 neue Stellen. Daneben wird die Wiederbesetzungssperre für Stellen in der Kernverwaltung und den städtischen Eigenbetrieben aufgehoben. Diese beiden Maßnahmen sind auch deshalb wichtig, weil die Stadt weiterwächst und die Anforderungen an die Verwaltung zunehmen. Diese steht unter hohem Druck, wir müssen sie entlasten. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an die vielen Menschen, die diese Stadt am Laufen halten. Das sind strukturelle Veränderungen, die der Magistrat in seinem Entwurf bereits umgesetzt hat. Über die Etatanträge kommen weitere hinzu.
Da wäre insbesondere die Dynamisierung des Jugendhilfebudgets zu nennen. Die Träger der Jugendhilfe mussten jahrelang bangen, ob sie Kostensteigerungen würden auffangen können. Mal gab es Einmalzahlungen, mal nicht. Was uns in der vorherigen Koalition mit Birkenfeld und Becker nicht gelungen ist, haben Voitl und Bergerhoff mit dem Jugendhilfeausschuss und der Verwaltung nun hingekriegt: Die freien Trägern der Jugendhilfe erhalten fortan einen jährlichen Tarif- und Inflationsausgleich von drei Prozent. Das gibt Planungssicherheit und ist ein wesentliches Element dabei, Kindern und Jugendlichen, die unter der Pandemie besonders gelitten haben, Chancengleichheit zu ermöglichen und die zu unterstützen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Hierfür allen beteiligten vielen Dank.
Eine weitere strukturelle Änderung, die ich hier hervorheben möchte, betrifft das Vertrags- und Fördermittelmanagement. Hier braucht es dringend mehr Transparenz, wie auch vom Revisionsamt immer wieder eingefordert. Denn momentan liegen die Verträge, zum Teil analog, an unterschiedlichen Orten und niemand hat einen vollständigen Überblick. Deshalb machen wir uns auf den Weg, dieses zu zentralisieren und zu digitalisieren. Die Vorarbeiten dazu sind abgeschlossen, wie der Magistrat berichtet hat. Nun stellen wir über einen Etatantrag die finanziellen Mittel für die Umsetzung zur Verfügung. Auch dies ein wesentliches Element beim Erreichen von mehr Wirkungsorientierung.
Mehr Transparenz und Wirkungsorientierung wollen wir auch herstellen bei der Frage, wie geschlechtergerecht unser Haushalt ist, wer von welchen Maßnahmen wie stark profitiert und wer von etwaigen Kürzungen besonders betroffen ist. Deshalb stellen wir Mittel zur Einführung eines Genderbudgetings zur Verfügung. Dies wird uns dabei helfen, umfangreiche Geschlechtergerechtigkeit herzustellen, denn nichts Geringeres ist unser Ziel. Wie gesagt, wir verändern Strukturen und Abläufe. Nachhaltig. Mit unseren Etatanträgen bringen wir aber auch Maßnahmen auf den Weg, die direkter sichtbar und fühlbar sind. Wir haben als Koalition insgesamt 254 Anträge in allen Bereichen vorgelegt. Ich konzentriere mich auf einige wenige.
Menschen sollen gerne in dieser Stadt leben und sich hier gerne aufhalten. Dazu müssen wir die Stadt, insbesondere die Innenstadt, abkühlen und die Aufenthaltsqualität weiter steigern – mit dem Schutz des bestehenden Grüns in unserer Stadt und mit umfassender Neubegrünung. Wir müssen in Frankfurt nicht nur neue Baugebiete entwickeln, sondern gleichzeitig auch unversiegelte und vernetzte Grünflächen schützen und schaffen – sie dienen nicht zuletzt auch der Naherholung. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Stadtentwicklung anhand eines aktualisierten Freiflächenentwicklungsplans erfolgen kann. Dessen Planung und Fortschreibung sichern wir mit einem Etatantrag. Und wir unterstützen das Ziel, Flächen im GrünGürtel systematisch aufzuwerten und bei Flächenverlusten neue Flächen als Ausgleich aufzunehmen, ebenfalls mit finanziellen Mitteln und einer neuen Regelung in Ergänzung der GrünGürtel-Satzung.
Zur Begrünung und Abkühlung der Innenstadt hat die Koalition ja bereits mehrere Anträge vorgelegt, nun stellen wir weitere Mittel dafür bereit. Mit dem flexiblen Fonds „unsere Innenstadt blüht auf“ stehen Gelder für Stadtbäume und Sträucher, Grün- und Blühflächen zur Verfügung. Darüber hinaus reservieren wir aus dem Topf „Zukunft Innenstadt“ bis zu 1 Millionen Euro für die Beschaffung und Bepflanzung von Stadtmobiliar für ein „blühendes Band“ in der Frankfurter Innenstadt. Und wir unterstützen mit zwei Etatanträgen das Engagement von Bürger*innen für Mini-Beete, denn die Menschen machen gerne mit, bei der Begrünung Frankfurts. Zu einer Steigerung der Aufenthaltsqualität und mehr Grün trägt auch unser Antrag „Tactical Urbanism“ bei. Vielleicht sind Ihnen die „Piazze aperte“, die „offenen Plätze“ in Mailand ein Begriff. Wenn nicht, googeln Sie das mal. Sie werden wundervoll bunte Bilder sehen.
Dabei werden überdimensionierte Verkehrsflächen, die in der Größe nicht benötigt werden, mit Farbe und Stadtmobiliar für die Menschen zurückerobert. Damit schaffen wir auch neue Begegnungsräume. Es gibt bereits erste Ansätze dazu in Frankfurt, wir denken, es braucht mehr davon. Zu einem guten Leben in Frankfurt gehört auch, auf eine offene Gesellschaft zu treffen. Denn wir Menschen möchten so akzeptiert werden, wie wir sind. Frankfurt ist reich gesegnet mit vielen ehrenamtlich Tätigen, mit vielen Vereinen und Initiativen, die sich – nicht nur aber – insbesondere auch auf diesem Gebiet unermüdlich für das Gemeinwohl einsetzen. Ihnen gilt großer Dank.
Doch mit Dank allein ist es natürlich nicht getan. Diese Menschen brauchen Strukturen und finanzielle Mittel, um ihre wichtige und für uns alle wertvolle Arbeit leisten zu können. Hier reichen manchmal recht überschaubare Beträge, um großes bewirken zu können. Deshalb haben wir, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen, das Projektförderbudget des Amtes für multikulturelle Angelegenheiten erneut deutlich ausgebaut. Dadurch können noch mehr Menschen ihre Ideen zur Förderung von Toleranz und Vielfalt in unserer Stadt einbringen.
Das Einbinden und Mitnehmen der Zivilgesellschaft steht auch beim Frankfurter Aktionsplan LSBTIQ* im Vordergrund, der momentan unter Federführung des Diversitätsdezernats und mit breiter Beteiligung der queeren Communities erarbeitet wird. Für die Umsetzung erster Projekte hieraus stellen wir ebenfalls Gelder zur Verfügung. Und auch wenn unsere Bürgermeisterin und Diversitätsdezernentin mit den Pavillons der Demokratie in die Stadtteile geht, steht das Zuhören und Einbinden im Vordergrund. Ein schönes Projekt der Demokratieförderung, das wir gerne mit finanziellen Mitteln unterstützen.
Menschen geraten aber leider auch mal in Not und sind auf Hilfs- und Beratungsangebote angewiesen. Wir wollen Menschen – vor allem in Krisensituationen – unterstützen. Dazu haben wir Anträge für eine Vielzahl von Vereinen und Trägern im Bereich Soziales und Gesundheit auf den Weg gebracht. Beispielsweise für den Notmütterdienst und den „Brückentagen in den frühen Hilfen“. Dieses präventive Angebot schließt eine Lücke in der Versorgung von Familien und Alleinerziehenden mit Kindern von 0-3 Jahren, die in eine akute Notsituation geraten sind. Und so wie es am Anfang eines neuen Lebens wichtig ist, dass Menschen nicht allein gelassen werden, ist dies auch wichtig, wenn das Leben zu Ende geht.
Deshalb stellen wir Gelder für die Arbeit des Frankfurter Netzwerk Hospiz und Palliative Care zur Verfügung, in dem alle Einrichtungen organisiert sind, die das Leben und Sterben von schwerstkranken Kindern und Erwachsenen in Frankfurt begleiten. Beides sehr schwierige und umso wichtigere Arbeit, die unsere Unterstützung verdient.
Gewalt ist ein anderes schwieriges Thema. Frauen sind leider weiterhin in besonderem Maße davon betroffen. Deshalb treibt die Koalition die Umsetzung der Istanbul-Konvention weiter voran. Wir legen auch mit diesem Haushalt zahlreiche Anträge vor, mit denen wir Beratungsangebote sichern und ausbauen und präventive Maßnahmen wie Täterarbeit und Empowerment für Frauen und Mädchen ermöglichen. Denn alle Menschen verdienen es, frei von Gewalt zu leben.
Werte Kolleg*innen, dies ist nur ein kleiner Teil der Etatanträge, die wir heute beschließen werden. Weitere haben wir bereits in den Ausschusssitzungen diskutiert. Mit dem Gesamtpaket, das die Koalition hier vorlegt, werden wir unserem eingangs erwähnten Anspruch, das Leben der Menschen in dieser Stadt zu verbessern, gerecht.
Ich möchte mich abschließend gerne bei den vielen Menschen bedanken, die dazu beigetragen haben. Beim gesamten Magistrat und hier insbesondere beim Kämmerer und seinen Mitarbeiter*innen, für die Erarbeitung des Haushaltsentwurfs. Bei den Stadtverordneten der Koalition für die gewissenhafte Erarbeitung unserer Etatanträge. Bei den Ortsbeiräten für ihre wichtigen Impulse. Und nicht zuletzt herzlichen Dank auch an das Büro der Stadtverordnetenversammlung für das Verarbeiten von hunderten von Etatanträgen. Sie haben es oft nicht leicht mit uns, danke für Ihre Arbeit!
Frau Vorsitzende, werte Kolleg*innen, „Frankfurt neu denken“ hat sich diese Koalition auf die Fahnen geschrieben. Mit diesem Haushalt, mit den strukturellen Veränderungen und den konkreten Einzelmaßnahmen, haben wir einmal mehr geliefert. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!