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Souverän bleiben im Gegenwind

Souverän bleiben im Gegenwind

Freitag, 19.5.2023

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
sich von Umfragewerten nicht verunsichern zu lassen, ist richtiger denn je. Erst wenn sie sich in suboptimalen Wahlergebnissen manifestieren – wie jetzt in Bremen – sollte das Resümieren beginnen. Auch dann kann es heißen: Wenn wir den Fakten nach überzeugt sind, das Richtige zu tun, kann Kurs halten nachhaltig die richtige Antwort sein. Auch, wenn der Sturm einem ins Gesicht bläst. Der Klimawandel wartet nicht.
Es ist an uns, richtige Schlüsse von falschen Narrativen zu unterscheiden – souverän und pragmatisch zu bleiben. Zuletzt hieß es in vielen – durchaus seriösen – Medien, die GRÜNEN erlebten einen Umfrageabsturz. Seltsam: Es ist Umfragen gemein, dass Zahlen geradezu auf dem Tisch liegen. Im Bund liegen unsere „Turbulenzen“ immer noch oberhalb der Werte der letzten Bundestagswahl. Absturz? Das enttäuschende Wahlergebnis in Bremen gleich Resultat eines angeblichen Niedergangs der Ökopartei? Oder eher mit die Folge eines magnetisierenden Konkurrenzkampfs zwischen Schwarz und Rot?
Ist es nicht auch so, dass konservative, rechte und populistische Narrative es schaffen, in beachtlicher gesellschaftlicher Breite zu verfangen? In einem – wieder – seriösen Sender kam die Moderatorin einem unserer Spitzenpolitiker beiläufig mit der „Tatsache“, die GRÜNEN seien Moralapostel. Dies nicht als Zitat oder Einordnung, wie es so schön heißt, sondern wortwörtlich. Ist es nicht so, dass praktische Moral auf ethischen Glaubenssätzen aufbaut, der Kampf gegen den Klimawandel aber auf wissenschaftlichen Erkenntnissen? Die Forderung von Gleichheit aller Menschen auf schmerzlichen, bisweilen gewalttätigen Diskriminierungserfahrungen? Ist es nicht so, dass die Vertretung eines Standpunkts Grundeigenschaft einer Demokratie ist, und wir GRÜNE Standpunkte vertreten wie alle anderen? Und ist es nicht so, dass der Wille zu regulieren Grundaufgabe einer gewählten Administration ist – egal ob rot, grün, gelb oder schwarz gefärbt. GRÜNE gleich Verbotspartei?
Wenn Fehler gemacht werden, gilt es zu korrigieren, anders zu kommunizieren, manchmal auch zurückzutreten oder zu entlassen, sich transparent zu entschuldigen. Wir sind eben nicht heilig. Haben aber auch das Recht, dass selbst in Sachverhalten wie der Causa Graichen das Korrekte vom Unkorrekten getrennt wird. Sich pointiert aufzuspielen, ist zugleich gutes Recht der Opposition.
Verantwortung übernehmen heißt letztendlich aber, nach gründlicher Abwägung und nötigen Korrekturen in der Sache konsequent das Richtige zu tun, auch wenn das mal nicht populär ist; oder den Populist*innen nicht gefällt. Das hat mit Durchhalteparolen nichts zu tun. Und: Eine derart grundanständige Eigenschaft müsste den Wertkonservativen doch eigentlich gefallen. Tut es aber nicht, wenn es ihnen um den Erfolg in den Umfragewerten, ums politisch-hämische Clickbaiten geht. Und das belegt ihren moralischen Verfall. Dem gegenüber sei im Zweifel gar die „Moralapostelei“ bevorzugt.
Euer
Sebastian Deckwarth