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Rede zum Rechenzentrenkonzept

Donnerstag, 9.6.2022

Stadtverordneter Thomas Schlimme, GRÜNE:

Sehr geehrte Stadtverordnetenvorsteherin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lieber Herr Kochsiek, gut, dass ich Sie vorgelassen habe, so kann ich darauf antworten. Das war teilweise wirklich schwere Kost. Noch mehr Gewerbeflächen ist Ihre Lösung für die Frage der Gewerbekonkurrenz. Das war relativ sauber von der FDP, nein, von der SPD, sorry, aufbereitet …

                              (Zurufe)

Ja, es hätte gut gepasst, das stimmt.

Also, es war relativ sauber von der SPD aufbereitet, dass es einfach auch eine Konkurrenz gibt in Bezug auf Arbeitsplätze und Gewerbesteuer. Das löst die CDU dann dadurch, dass sie sagt: „Lasst uns doch einfach noch mehr Grünflächen plattmachen.“ Etwas anderes haben Sie nicht gesagt. Gleichzeitig ist Ihnen bewusst, dass wir uns bei den Rechenzentren in einem exponentiellen Wachstum befinden, und jetzt frage ich einmal diejenigen bei der CDU, die schon ein bisschen länger dabei sind: Was ist Ihre Erfahrung, wie schnell eine Umwandlung von Grünfläche in Gewerbefläche geht, und kommt es noch rechtzeitig, um zu diesem Zeitpunkt des exponentiellen Wachstums irgendwie am Beispiel Rechenzentren noch etwas bewirken zu können? Das funktioniert einfach nicht. Man muss klüger planen, und das war genau das, was Volt gemeint hat, Sie aber nicht so richtig verstanden haben. Die alten Geschichten gehen so nicht mehr.

                              (Beifall)

Sie wollen Frankfurt zur Digitalisierungshauptstadt machen. Sie wollen ein exponentielles Wachstum, ohne das irgendwie zu reflektieren: Brauche ich das wirklich, was erreiche ich damit, welche Auswirkungen hat es? Sie haben zum Beispiel gesagt, autonomes Fahren sei doch ein Anwendungsbereich, der sich für die Zukunft abzeichnet. Ich will Ihnen ganz klar sagen, wir GRÜNE - und ich persönlich auch sehr vehement - sind für Digitalisierung und für Rechenzentren und ganz bestimmt auch dafür, dass es noch mehr davon geben wird, denn wir brauchen sie. Das ist meine persönliche Überzeugung. Aber gerade autonomes Fahren ist doch etwas, da brauchen Sie die Rechenzentren doch nicht in Frankfurt anzusammeln und zu ballen, sondern autonomes Fahren wird überall notwendig sein.

                              (Beifall)

Sosehr Sie sich an das eine Beispiel mit den Banken klammern, wo es so sein mag, dass es bestimmte Anwendungsbereiche gibt, bei denen man sehr nah am Knoten sein muss, aber es kann doch nicht allen Ernstes ein Grund dafür sein, sämtliche Anwendungen, die wir in der Digitalisierung heutzutage haben, so auf diese Nähe zum Internetknoten zu fixieren. Ich bin ein sehr großer Fan von Homeoffice und Videokonferenzen. Das, was Sie über die ökologischen Vorteile gesagt haben, das stimmt. Wir sparen x Kilometer ein. Früher sind die Leute tatsächlich auch einmal ins Flugzeug gestiegen, um nach London zu irgendeiner Konferenz zu fliegen. Dass man das heute - zumindest zum Teil - durch Videokonferenzen ersetzt, ist doch klasse, da sind wir uns doch einig. Aber, seien Sie fair und gestehen Sie ein, dass man dafür dann nicht in Frankfurt direkt am Knotenpunkt das Rechenzentren haben muss, sondern dass es natürlich auch woanders geht.

Jetzt komme ich zur Geschichte mit der Abwärme. Ihnen ist bewusst, dass die Abwärme eigentlich sehr gut nutzbar sein sollte - da sind wir uns völlig einig -, und Sie haben das Beispiel Kleyerstraße genannt. Bei der Kleyerstraße ist es so, dass es eigentlich eine glückliche Fügung ist, dass dieses Neubaugebiet direkt neben einem relativ neuen Rechenzentrum entsteht und dass man das in der Planung zusammenführen konnte, dass jetzt dieses Neubaugebiet mit dem Rechenzentrum geheizt wird. Das Problem bei dieser Abwärme der Rechenzentren ist - das ist jetzt eine naturwissenschaftliche Geschichte, aber es muss einen als Politiker heutzutage trotzdem interessieren -, dass diese Computer nicht zu heiß werden dürfen. 40 Grad ist schon verdammt heiß. Das heißt, die Abwärme dieser Rechenzentren ist aus technischen Gründen eher unter 40 Grad zu halten. Oft hat sie nur 30 Grad. Leider kann man solche Niedrigtemperaturabwärme nicht über weite Strecken transportieren. Die Fernwärme der Mainova zum Beispiel hat bis zu 130 Grad, das ist eigentlich Dampf, was durch die Fernwärmenetze rauscht. Also, sie brauchen eine kurze Entfernung. Deswegen ist es gut, wenn man die Dinge im Zusammenhang plant. Dezentral ist der Punkt, da sind wir voll beieinander, aber das steht in der Vorlage M 44 auch. Das hat Herr Josef genauso erkannt, und das ist allen klar, die sich mit der Materie befassen.

                              (Beifall)

Da stehen zwar auch Cluster, aber da steht auch „dezentral“, und das eine schließt das andere nicht aus. Ich weiß noch ein gutes Beispiel, und da hätte ich gerne die Unterstützung der CDU: Griesheim, der ehemalige Industriepark, das ehemalige Werk der Hoechst AG, inzwischen komplett nicht mehr existent, 74 Hektar, die neu als Gewerbe entwickelt werden sollen. Da wird es Rechenzentren geben, die Genehmigungsverfahren laufen bereits, ich habe schon darin herumgelesen. Mit diesen Rechenzentren kann man natürlich etwas anfangen, wenn man es schafft, das Gewerbe nebenan so anzusiedeln - Herr Josef, eine echte Aufgabe und vielleicht auch mit Unterstützung der CDU, weil die einen guten Draht zur Wirtschaft hat -, …

                            (Heiterkeit)

… wenn man es schafft, dass die Abwärme dieses Rechenzentrums wirklich dort verwendet wird, denn das große Problem ist, wenn Sie irgendwo eine Wohnung haben, die schon eine Heizung hat, oder wenn Sie ein Gewerbegebäude haben und es ist schon komplett mit Wärme versorgt, dann wird es schwierig zu sagen: „Jetzt entsteht aber ein Rechenzentrum nebenan, jetzt nehmt ihr die Abwärme.“ Man plant das im Idealfall im Zusammenhang, dass das eine mit dem anderen gemeinsam entsteht, und da ist Griesheim ein sehr gutes Beispiel, weil man dort die Chance dazu hat.

Jetzt ist der Gedanke dieser Vorlage M 44, dass man diese Tür öffnet, in Zukunft Planung integriert zu denken, also Rechenzentren integriert zu denken mit der Abwärme und mit dem, was man mit der Abwärme machen kann. Die Vorlage M 44 ist eben keine Verhinderungsvorlage. Sie definiert Flächen. Übrigens, wenn man diese Flächen auch noch nutzt, dann haben wir in Frankfurt wirklich verdammt viele Rechenzentren. Sie definiert Flächen, aber vor allem macht die Vorlage M 44 die Tür auf für eine integrierte Planung, die es ermöglicht, Rechenzentren in Zukunft verstärkt so zu bauen, dass man mit der Abwärme etwas machen kann. Das wird nicht von einem Tag auf den anderen so sein. Es wird nicht gelingen, dass ab morgen jedes neue Rechenzentrum so gebaut ist, dass die Abwärme genutzt werden kann. Das ist schade, aber das wird so einfach nicht zu machen sein. Das sind alles Tanker, die langsam umgesteuert werden müssen, aber die Vorlage M 44 macht die Tür in diese Richtung auf, deswegen ist es eine gute Vorlage, und deswegen freuen wir uns, dass Herr Josef sie eingebracht hat.

Vielen Dank!

                              (Beifall)