(Mehr als) Rechenzentren
DE-CIX Frankfurt ist Euch sicher ein Begriff: Der nach Verkehrsaufkommen größte Internetknoten der Welt, der regelmäßig Rekorde bricht. Zuletzt vor zwei Wochen, als erstmals mehr als 18 Terabit an Daten pro Sekunde durchflossen. 18 Terabit? Das entspricht 4,5 Milliarden voll beschriebener DIN-A4-Seiten, aufgestapelt würden sie 420 Kilometer in den Himmel ragen. Und das jede Sekunde – Tendenz steigend! Verteilt ist DE-CIX auf über 35 Rechenzentren, 82 solcher Data Center gibt es aktuell in Frankfurt. Von den schnellen Internetverbindungen, die diese ermöglichen, profitieren wir nicht nur individuell, wenn wir uns Katharinas neuestes TikTok-Video anschauen, sondern auch als Stadt insgesamt. Sie sind nämlich für bestimmte Branchen ein wesentlicher Standortfaktor.
Darauf weisen auch IHK und Handwerkskammer sowie die Hochschulen Goethe-Universität, Frankfurt University of Applied Sciences sowie Frankfurt School of Finance & Management in ihrer letzte Woche veröffentlichten Resolution zur Zukunft des Digitalstandorts Frankfurt hin. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist von zentraler Bedeutung für unsere Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit schreiben sie. Damit haben sie vollkommen recht. Allerdings schreiben sie auch, die Stadt möge ihre „restriktiven Einschränkungen beim Bau von Rechenzentren überdenken.“ Das bezieht sich auf unser städtisches Rechenzentrenkonzept, welches eine wichtige Lenkungsfunktion erfüllt. Denn wie unsere planungspolitische Sprecherin Julia Frank in ihrer Pressemitteilung dazu darlegt, treiben Rechenzentren durch ihre hohe Zahlungskraft die Bodenpreise in die Höhe, wodurch kleinere Betriebe verdrängt werden. Das kann auch nicht im Interesse der Resolutionsverfasser*innen sein.
Außerdem stellt der massive Strombedarf der Rechenzentren die Stadt vor große infrastrukturelle Herausforderungen. Zwar bauen Mainova und TenneT die Netzkapazitäten bis 2027 um 50 Prozent aus, doch selbst diese Erweiterungen werden nicht ausreichen: Wichtige Klimaschutzprojekte wie die geplante Großwärmepumpe am Kraftwerk Niederrad sollen bis mindestens 2037 warten, weil der Strom dafür fehle. Der enorme Strombedarf der Rechenzentren könnte also die Wärmewende erschweren. Zumal bisher kaum eines der bestehenden Rechenzentren seine Abwärme in Wärmenetze einspeist.
Die Forderung nach einer weniger „restriktiven“ Ansiedlungspolitik berücksichtigt also aus unserer Sicht die Herausforderungen für unsere Stadt nicht ausreichend. Ganz abgesehen davon, dass von zu restriktiven Einschränkungen eigentlich auch gar keine Rede sein kann. Allein 2023 wurden sechs neue Standorte fertiggestellt und 27 weitere befinden sich derzeit in Planung oder Bau. So können wir auch künftig problemlos Eintracht-Spiele streamen oder TikTok-Videos schauen – und DE-CIX Frankfurt wird weiterhin einen Rekord nach dem anderen brechen.