Pressestatement der GRÜNEN im Römer
Zum Thema Waffenverbotszone erklärt der sicherheitspolitische Sprecher der GRÜNEN im
Römer, Dr. Christoph Rosenbaum:
„Schon der Begriff ‚Waffenverbotszone‘ ist ein Problem, denn er suggeriert doch, dass man
bislang völlig problemlos schwer oder leicht bewaffnet durch Frankfurt laufen dürfe. Was so
natürlich nicht stimmt, das deutsche Waffenrecht gilt nicht ohne Grund als ziemlich streng.
Soll heißen: Auch ohne Waffenverbotszone darf man zum Beispiel in der Öffentlichkeit nicht
mit Pistolen, Gewehren oder längeren Messern in der Tasche spazieren gehen.
Eine Waffenverbotszone zu hinterfragen bedeutet nicht, das Tragen von Waffen gutzuheißen
oder Zustände wie in den USA zu befürworten.
Gleichzeitig ist aber auch zu sehen: Das deutsche Gesetz gibt Freiheitsrechte vor. Diese
dürfen auch eingeschränkt werden, aber nur gut begründet. Das heißt für uns als GRÜNE,
dass die Wirkung und Mittel einer in die Freiheitsrechte eingreifenden Waffenverbotszone
natürlich auch gut begründet sein müssen. Da kann die CDU noch so viele Versuche
anstellen, uns bloßzustellen, weil wir angeblich zu langsam handeln. Im Gegenteil könnte
man sagen, dass der vor einiger Zeit vorgelegte Antrag der CDU, der ja eine
Waffenverbotszone in der gesamten Innenstadt gefordert hat, aufzeigt, dass es sich um eine
völlig undurchdachte und unausgereifte Forderung und nicht verantwortungsvolle Politik
handelt.
Wir schauen uns lieber die Argumente an, führen viele Gespräche mit Polizei, Betroffenen
und anderen Kommunen und wiegen ab, ob und in welcher Form eine Waffenverbotszone
Sinn macht. Das kann auch mal länger dauern.
Ein Problem ist zunächst die Definition von ‚Waffen‘ bzw ‚waffenähnliche Gegenstände‘, die
zusätzlich zum sowieso bestehenden Waffengesetz verboten wären. Viele Frauen und auch
beispielsweise obdachlose Menschen schützen sich mit Pfefferspray, die Mitführung eines
solchen müsste also weiterhin erlaubt sein, um das Sicherheitsgefühl zu stärken und dieses
nicht zu untergraben. Laut aktuellem Diskussionsstand wären Reizstoffsprühgeräte in einer
etwaigen Waffenverbotszone weiterhin erlaubt. Solche Grenzfälle zeigen aber, es muss
genau geprüft und vieles bedacht werden.
Waffenverbotszonen helfen der Polizei vor allem bei der Kontrolle der Regeln. Die Häufigkeit
der Kontrollen hängt aber in Frankfurt nicht an einer Zone. Die Kontrollen wurden schon
erhöht und damit auch die Wahrscheinlichkeit Gewalttaten zu verhindern. Ein Mehr an anlasslosen Kontrollen heißt häufig aber auch ein Mehr von Racial-Profiling-Fällen. Wenn
Menschen allein aufgrund ihres Äußeren oder ihrer angenommenen Gruppenzugehörigkeit
polizeiliche Kontrollen erfahren, verstärkt das das Misstrauen gegenüber der Polizei und
schafft neue Angsträume für die Betroffenen statt Angsträume im Bahnhofsviertel zu
verhindern.
Eine sozialwissenschaftliche Grundlage für die Annahme, dass eine Waffenverbotszone
Sicherheit und Ordnung bringe, besteht im Übrigen sowieso nicht. Im Gegenteil: es gibt
gerade keinen statistischen Zusammenhang zwischen Kriminalitätsrate und öffentlicher
Kriminalitätsbesorgnis. Hingegen werden Belege für eine starke Korrelation zwischen ‚Lawand-Order-Maßnahmen‘ und der Sicherheitsbesorgnis der Bevölkerung gefunden, sodass
eher zu erwarten ist, dass die Waffenverbotszone zu mehr Kriminalitätsfurcht führen könnte.
Dies legt auch eine Studie der Berliner Polizei nahe, die zeigt, dass mehr Kontrollen und
stärkere Bewaffnung das Unsicherheitsgefühl erhöhen können.
Die Waffenverbotszone wird von der Polizei im Wesentlichen damit begründet, dass die
Waffendelikte (von 102 auf 239) und die Gewaltdelikte (von 454 auf 929) sich von 2019 bis
2021 verdoppelt haben. Die Zahlen sind auf den ersten Blick erstmal eindeutig und es muss
definitiv etwas getan werden. Allerdings muss man diese Zahlen auch immer in der Relation
von Kontrollen und Straftaten sehen. Hier gibt es eine Art Henne-Ei Problem. Nur weil es
wenig Delikte in der Statistik gibt, heißt es nicht, dass wenig passiert ist. Nur weil es mehr
Kontrollen gibt, heißt es nicht, dass es mehr Delikte gibt. Solche Zahlen sollten also immer
ganz genau betrachtet und kontextualisiert werden.
Wenn man sich in der Frankfurter Polizeilichen Kriminalstatistik von 2021 die gesamten
Straftaten im Bahnhofsgebiet anschaut, dann ist es sogar irreführend einen Anwuchs von
2019 auf 2021 zu betonen, weil der Anstieg bei Betrachtung des Median der letzten zehn
Jahre überhaupt nicht erheblich ist.
Aus diesem Grund hat die Stadt Leipzig ihre Waffenverbotszone auch wieder
zurückgenommen: „Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Waffenverbotszone in der
Eisenbahnstraße zwar als zusätzliches Instrument zur Senkung bewaffneter Angriffe beitrug,
aber dennoch kaum positive Auswirkungen auf das übrige Kriminalitätsgeschehen hat“. Im
Übrigen sind uns keine Evaluationen aus anderen Städten bekannt, die eine Einführung
einer Waffenverbotszone als Erfolg bewerten.
Das ist nur ein Ausschnitt der Detailtiefe, in der wir uns mit der Waffenverbotszone befassen,
um Waffengewalt im Bahnhofsviertel zielgerichtet zu verhindern, damit sich alle Menschen im Bahnhofviertel sicher fühlen. Das Thema ist zu vielschichtig für eine voreilige
Entscheidung á la CDU!“
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an unseren sicherheitspolitischen Sprecher der
GRÜNEN Fraktion, Dr. Christoph Rosenbaum: 0162682911