Liebe Freund*Innen,
was für eine Woche! Zu Zehntausenden gehen seit vorletztem Wochenende Menschen in allen Landesteilen auf die Straße! Von Hamburg über Frankfurt bis nach München, von Jülich bis Cottbus...
Nach den Enthüllungen der Correktiv-Recherche, die Deportationspläne von Millionen von Menschen in Deutschland offenlegte, entstand nach kurzer Schockstarre etwas, was bis dato nicht gewesen war: Ein Wir-Gefühl. Die demokratische und oft schweigende Mitte hat am Wochenende eindrucksvoll bewiesen, dass die Zivilgesellschaft durchaus laut sein kann und die Sorge um eine demokratische Zukunft dieses Landes längst über das migrantische Milieu hinausgewachsen ist.
Als Mensch, dessen Fluchterfahrung der Eltern am Küchentisch auch nach Jahrzehnten durchaus noch sehr präsent ist, habe ich mich diese Woche in Deutschland so sehr zu Hause gefühlt, wie seit langem nicht mehr! Die Empathie und das unerschütterliche Demokratiebewusstsein meiner Landsleute stimmen, trotz manch apologetischer Analyse, zuversichtlich.
Trotzdem drängt sich die Frage auf: Reicht das? Was, wenn die Protestlaune abflacht? Trotz des aufrüttelnden Effekts der jüngsten Massendemonstrationen ist nicht damit zu rechnen, dass die Umfragewerte der AfD dahinschmelzen. Was ist also zu tun? Gleichsam ob sich hier nun eine neue Bewegung herausbildet, sollten alle etablierten, demokratischen Parteien ein offenes Ohr und eine ausgestreckte Hand bereithalten. Nicht wenige der Demonstrierenden sehen einen erheblichen Teil des Aufschwungs der Rechten als Reaktion unglücklicher Politik der letzten Jahre und Jahrzehnte. Im politischen Berlin müssen nun wirklich auch die letzten Akteur*innen begreifen, dass nun Maßnahmen wie die Prüfung eines Parteiverbotsverfahrens kein reines Gedankenspiel mehr sein können, sondern eine notwendige und demokratieerhaltende Maßnahme. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zeiten, in denen man den Luxus hatte, nicht laut zu sein und zu schweigen, vorbei zu sein scheinen!
Besonders in Anbetracht der historischen Kulisse dieser Tage möchte ich die erfreulichen Proteste zum Anlass nehmen, um uns alle an den Holocaust-Gedenktag am 27.01. zu erinnern, der in diesem Jahr ebenfalls mit einem Geschmäckle daher kommt: Trotz massiver Kritik wird ein AfD-Politiker im sächsischen Freital die Gedenkrede halten und dies, obwohl jüngst der Verfassungsschutz den sächsischen Landesverband als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat. Die Grenzen des Sag-und Machbaren werden seit einiger Zeit allmählich verschoben, bis nichts mehr so ist, wie es war. Auch hier ist es wohl an der Zivilgesellschaft, den Umgang mit der eigenen Geschichte nicht mit Füßen treten zu lassen.
Jetzt, wo der erste Monat im neuen Jahr sich dem Ende neigt, wünsche ich mir für meine Partei, dass wir 2024 als ein "Demokratiejahr" ausrufen: Alle mobilisieren, alle mitnehmen und nochmal richtig laut werden: Für Demokratie, für Rechtstaatlichkeit, für Freiheit! Auch mit Blick auf die anstehenden Europawahlen muss immer klar sein: Wer GRÜN wählt, stellt sich gegen Menschenhass, Extremismus und Ausgrenzung!
Zusätzlich nun ein großer Hoffnungsschimmer am Ende: 2600 neue GRÜNE Mitglieder binnen Monatsfrist bestätigen unseren Kurs, mit Klarheit und Entschlossenheit für ein friedliches und demokratisches Miteinander einzutreten. Forza!
Euer Nico