Rede zum Misstrauen gegenüber Oberbürgermeister Feldmann
Stadtverordneter Dimitrios Bakakis, GRÜNE:
Frau Vorsitzende,
werte Kolleginnen,
Herr Oberbürgermeister!
Peter Feldmann kann nicht länger Oberhaupt dieser Stadt bleiben.
(Beifall)
Es ist sehr deutlich geworden, dass er nicht mehr in der Lage ist, Frankfurt angemessen zu repräsentieren. Vor zwei Monaten sprach ich zu Ihnen davon, dass wir einen Tiefpunkt erreicht hätten, ich fügte das Wort „vorläufig“ ein, wohlwissend, dass es noch schlimmer kommen könnte. Was dann folgte, übertraf dann leider auch unsere Befürchtungen.
Herr Oberbürgermeister, als Reaktion auf die von allen Seiten an Sie herangetragenen Forderungen, sich zurückzuhalten, kündigten Sie an, mit Augenmaß zu handeln. Was Sie darunter verstehen, führten Sie uns dann sehr eindrücklich vor Augen. Ungläubig durften wir dabei zuschauen, wie Sie sich bei dem Empfang der Eintracht verhielten, und mit Entsetzen mussten wir uns anhören, was Sie auf dem Flug nach Sevilla zu sagen hatten. Wir erlebten Sie als übergriffig, als einen Mann, der sich öffentlich frauenverachtend und entwürdigend äußert, der meint, sich einfach nehmen zu können, was ihm eigentlich gar nicht zusteht.
(Beifall)
Sie haben die gesamte Stadt zutiefst beschämt und der Kommunalpolitik Schaden zugefügt. Es war ausgesprochen schmerzhaft, sich dies alles mitanschauen zu müssen. Sie haben damit erreicht, dass die Ihre Person betreffende Empörung ganz neue Ausmaße angenommen hat. Waren es vorher überwiegend Frankfurterinnen und eher politisch Interessierte, die Ihr Verhalten kritisch beobachteten und missbilligten, haben Sie es zwischenzeitlich geschafft, auch den Unmut politikfernerer Kreise auf sich zu ziehen, und das sogar bundesweit. Sie versuchten sich dann anschließend, wie so oft, zu erklären. Machten die Sache damit aber, ebenfalls wie so oft, nicht besser. Wir haben ein aufrichtiges Zeichen der Einsicht Ihrerseits vermisst. Auch Ihre abermaligen Entschuldigungen wirken auf uns nicht mehr authentisch, und auf Ihre Versprechen können wir uns leider schon lange nicht mehr verlassen.
(Beifall, Zurufe)
Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als festzuhalten: Sie genießen nicht länger das für die Amtsausführung nötige Vertrauen. Und dann ist da noch die Zulassung der Anklage. Herr Oberbürgermeister, Sie werden sich demnächst vor Gericht verantworten müssen. Wie soll das dann Ihres Erachtens ablaufen? Wie möchten Sie, auf der Anklagebank sitzend, diese Stadt repräsentieren? Sie haben doch jetzt schon das Problem, dass Menschen bei Veranstaltungen absagen, wenn Sie zugegen sind. Wie soll das dann erst funktionieren, wenn der Prozess läuft? Das ist für uns alles gänzlich unvorstellbar.
Herr Oberbürgermeister, es führt kein Weg daran vorbei, Sie müssen Ihr Amt zur Verfügung stellen.
(Beifall)
Doch Sie weigern sich. Was folgt für uns Stadtverordnete daraus? Was sind unsere Handlungsoptionen? Den Ausgang des Prozesses abzuwarten, kommt für uns nicht infrage. Wir begründen unsere Rücktrittsforderung nicht allein mit den gegen Sie erhobenen Vorwürfen. Es mag durchaus sein, dass sich diese als haltlos erweisen und Sie freigesprochen werden - was ich Ihnen, nebenbei bemerkt, ganz aufrichtig wünsche, Herr Oberbürgermeister. Das wird aber nichts an unserer Position ändern, denn unser Misstrauen resultiert aus der Summe aller Vorkommnisse und Ihrem Verhalten insgesamt. Sie haben nun aber, wie gesagt, einen Rücktritt ausgeschlossen. Auch möchten Sie keinen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand aus besonderen Gründen stellen. Stattdessen meinen Sie, einmal mehr, lächelnd weitermachen zu können wie bisher. Das Einzige, was Sie versprechen, ist, sich in Zurückhaltung zu üben - mal wieder -, dies aber auch nur mit einigen Einschränkungen, lediglich bis zum Ende der Sommerpause, lediglich die Paulskirche und den Kaisersaal und lediglich repräsentative Termine betreffend, lediglich nahezu vollständig. Herr Oberbürgermeister, das ist, mit Verlaub, lächerlich wenig.
(Beifall)
Sie sprachen in Ihrem gestrigen Pressestatement davon, dass Ihre Tür für die Fraktionen jederzeit offensteht, auch, um über Alternativen zu sprechen. Das haben wir bereits getan. Wir sind gerne zu weiteren Gesprächen bereit. Allein, wir können uns nicht vorstellen, wie eine solche Alternative aussehen könnte.
Ich hatte Sie vor zwei Monaten darauf hingewiesen, dass Ihr Handlungsspielraum von Tag zu Tag schwindet. Was ich seinerzeit nicht erwähnte: Das gilt auch für unsere Fraktionen. Wir können die Forderungen, die von allen Seiten der Stadtgesellschaft an uns herangetragen werden, nicht ignorieren, denn das genaue Gegenteil ist unsere Aufgabe. Es ist unsere Pflicht, darauf einzugehen und entsprechend zu reagieren. Wir Frankfurterinnen mögen so tolerant sein, wie Sie in Ihren Reden immer meinen, aber auch unsere Geduld ist irgendwann am Ende. Sie lassen uns keine andere Wahl, als nun diesen Schritt zu gehen.
(Beifall)
Mit diesem Antrag macht die Stadtverordnetenversammlung nochmals unmissverständlich klar, dass sie Ihnen die angemessene Ausübung Ihres Amtes nicht mehr zutraut und von Ihnen erwartet, dass Sie Ihr Amt zur Verfügung stellen. Wir sehen uns auch gezwungen, aufgrund unserer Erfahrungen Ihnen ein Ultimatum zu stellen. Sollten Sie erneut nicht auf unsere Forderung eingehen, sehen wir keinen anderen Weg, als der Bevölkerung diese Frage vorzulegen und die Wählerinnen entscheiden zu lassen. Auch dazu sehen wir uns verpflichtet. Wir würden dann in der Julisitzung das Abwahlverfahren gegen Sie einleiten müssen und das, obwohl das niemand hier wirklich wollen kann. Denn was würde ein Abwahlverfahren für die Stadt, für Sie, für uns bedeuten? Da wären zum einen die Kosten. Mit den mindestens dafür notwendigen anderthalb Millionen Euro könnte man in dieser Stadt so einiges Positives bewirken. Es wäre auch, und das wiegt schwerer als die Kosten, ein ausgesprochen destruktiver und für alle Seiten höchst unangenehmer Prozess. Wir wären gezwungen, über Wochen und Monate Negativkampagnen gegen einen amtierenden Oberbürgermeister zu fahren. Selbstverständlich nicht im Sinne dieser widerlich menschenverachtenden Plakatkampagne, die die meisten hier zu Recht verurteilt haben, sondern fair und sachlich. Aber es wäre dennoch eine Negativkampagne nötig, auch wenn wir das nicht wollen. Die Aufmerksamkeit läge dann nicht auf dem, was wir für die Stadt tun, sondern auf dem, was wir gegen Sie, Herr Oberbürgermeister, sagen. Wir werden versuchen, das, soweit möglich, positiv darzustellen, weniger gegen das amtierende und mehr für ein neues Stadtoberhaupt. Aber seien wir einmal ehrlich: Negative Emotionen mobilisieren leider deutlich stärker als positive. Und da auch die Erregung der Gemüter nachgelassen haben wird, bis die Menschen an die Wahlurnen treten können, werden wir uns entsprechend anstrengen müssen. Damit das Quorum erreicht wird, werden wir versuchen müssen, die Empörung aufrechtzuerhalten. Hässlicher kann doch Kommunalpolitik nicht sein.
(Beifall)
Das wollen wir nicht, Herr Oberbürgermeister. Auch wenn Sie sich sicher sind, die Abwahl zu überstehen, das können auch Sie nicht wollen. Es geht hier nicht zuletzt auch um das Bild, mit dem Sie in Erinnerung bleiben.
Herr Oberbürgermeister, wir appellieren nochmals eindringlich an Sie: Ersparen Sie sich, der Stadt und uns ein derart hässliches Verfahren. Ich darf Sie nochmals an Ihre Worte erinnern: „Das Wohl der Stadt steht über allem.“ Wir fordern Sie erneut auf, dies zu Ihrer obersten Maxime zu erklären und endlich danach zu handeln. Ziehen Sie die nötigen Konsequenzen und stellen Sie Ihr Amt zur Verfügung.
Vielen Dank!
(Beifall)