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Rede zu Mehr bezahlbarer Wohnraum für Studierende und Auszubildende

Donnerstag, 9.6.2022

Stadtverordneter Johannes Lauterwald, GRÜNE:

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zuerst einmal will ich betonen, dass ich mich sehr über den Antrag und insbesondere über die große und parteiübergreifende Zustimmung freue, denn diese Angelegenheit, das ist eben schon deutlich geworden, ist zu wichtig für parteipolitisches Kleinklein.

                              (Beifall)

Vor ziemlich genau vier Wochen haben wir darüber diskutiert, dass wir bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum Tempo machen müssen. Mit diesem Antrag zeigen wir als Koalition konkret, dass wir liefern. Dass wir Studierende und Auszubildende herausgreifen, liegt aber nicht etwa daran, dass wir einzelne Gruppen, die eine bezahlbare Wohnung suchen, bevorzugen oder gegeneinander ausspielen. Ganz im Gegenteil. Aber es ist und bleibt ein wichtiger Mosaikstein. Für junge Menschen ist es elementar, ob sie sich die Miete leisten können oder nicht. Kurze Wege von der Wohnung zum Ausbildungsort entscheiden darüber, ob das Recht auf Bildung verwirklicht, ob ein selbstbestimmtes Leben geführt werden kann. Gleichzeitig sehen wir uns mit Fachkräftemangel in unserer Stadt konfrontiert. All dies spielt in denselben Topf. Deshalb streben wir nun hiermit gezielte Investitionen in die Zukunft und für einen gerechten Bildungsstandort Frankfurt am Main an.

Im Ausschuss für Planen, Wohnen und Städtebau haben Studierendenvertreterinnen und ‑vertreter der Beruflichen Schulen Berta Jourdan deutlich gemacht, dass insbesondere eine Lücke für diejenigen besteht, die nicht Wohnungen des Studentenwerks beziehen können, weil sie den erforderlichen und eingeschränkten Hochschulnachweis nicht vorlegen können. An diese Lücke müssen wir heran und sie im Rahmen des Runden Tisches diskutieren und Lösungen finden. Aber natürlich kann dies nur der Anfang sein. Der Ball muss endlich ins Rollen kommen. Zu lange verblieb es nur bei Ankündigungen - Susanne Serke hat es eben angesprochen: nach Auskunft der erwähnten Studierendensprecherinnen und Studierendensprecher auch vom Oberbürgermeister, der ihnen seit Jahren versprochen hatte, sich persönlich für ihr Anliegen einzusetzen. Frankfurt ist eine Stadt, die Auszubildende und Studierende anzieht. Aber sie muss endlich zur Stadt für Studierende und Auszubildende werden. Fast 2.500 Studierende allein auf der Warteliste des Studentenwerkes sprechen eine deutliche Sprache. Um sie zu versorgen, müsste das Studentenwerk seine Kapazitäten fast verdoppeln.

Mit der Machbarkeitsstudie des Wirtschaftsdezernates für die Errichtung eines Auszubildendenwohnheims, die in Kürze vorliegen wird, nehmen wir gleichzeitig auch Auszubildende mit in den Fokus, denn hier ist die Lage fast noch dringender. Aber auch der Wohnraumförderbericht 2020 des Landes Hessen zeigt auf, dass wir besser werden müssen. Originär ist die Aufgabe, für ausreichend studentischen Wohnraum zu sorgen, Landessache. Trotz der bisherigen Anstrengungen, wie etwa unseres deutschlandweit einmaligen kommunalen Förderprogrammes, liegt Darmstadt sowohl bei den jeweiligen Förderbeträgen als auch bei den tatsächlich errichteten Wohnungen noch vor uns. Das Ziel ist also klar: aufholen und mittelfristig die Versorgungsquote auf mindestens zehn Pro-zent erhöhen, damit nicht diejenigen, die am meisten Glück haben, oder diejenigen, deren Eltern am meisten zur Miete beisteuern können, die besten Bildungschancen haben.

                              (Beifall)

Um dieses Ziel zu erreichen, möchte ich aus grüner Perspektive drei Punkte hervorheben. Erstens: Neben bewährten Instrumenten wie dem Frankfurter Programm zur Wohnraumförderung und der 2016 beschlossenen Rahmenvereinbarung zwischen Stadt, Studentenwerk und ABG, die wir fortschreiben und die wir gegebenenfalls mit weiteren Partnern erweitern wollen, setzen wir mit dem Runden Tisch auf eine breite Beteiligung aller relevanten Akteurinnen und Akteure, Simon Witsch hat es eben schon angesprochen. Angefangen von den Bildungseinrichtungen, über die Studierenden- und Auszubildendenvertretungen bis hin zu Gewerkschaften, IHK und Handwerkskammer, Kirchen, Arbeitgebenden, Mieter- und Vermieterverbänden und natürlich den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften: Statt Prozesse zu verlangsamen, versprechen wir uns eine Beschleunigung, denn nach wie vor gilt es vor allem, günstige Flächen für Bauvorhaben akquirieren zu können, damit Wohnungen mit bezahlbaren Mieten entstehen können. Auch zur Finanzierung ist ein breites Bündnis erforderlich.

Ich danke an dieser Stelle auch Ulrich Baier für seinen beharrlichen Einsatz in dieser Sache!

                              (Beifall)

Zweitens: Die BAföG‑Wohnpauschale soll weitestgehend, wenn nicht vollständig, die Miete abdecken. Das war in der Vergangenheit fast gar nicht mehr der Fall. Neben der Festlegung der erwähnten 5‑Prozent‑Quote für studentisches und Auszubildendenwohnen soll daher das Verhältnis zwischen Wohnpauschale und tatsächlicher Miete beibehalten werden, was zum Beispiel in der Erweiterung des Studierendenwohnheims an der Ginnheimer Landstraße bereits zum Tragen kam. 350 Euro bei einer Wohnpauschale von 325 Euro. Auch bei einer sehr förderlichen Entwicklung der Anhebung des Regelsatzes auf 360 Euro fürs Wohnen ab dem kommenden Wintersemester muss dieser 7‑Prozent‑Unterschied gewahrt bleiben.

Drittens: Wir bedenken insbesondere die Barrierefreiheit bei der Schaffung der neuen Wohnungen mit. Neben der Einbindung der FBAG am Runden Tisch gehen wir bei der Entwicklung den Weg gemeinsam mit den Sachverständigen aus der praktischen Arbeit der Menschen mit Behinderung. Daneben haben wir uns vorgenommen, die neu geschaffenen Wohnungen, sofern ein Aufzug vorhanden ist, zu zehn Prozent nach der rollstuhlgerechten DIN-Norm zu konzipieren. Ansonsten ist das Erdgeschoss komplett danach zu gestalten. Auch mit der Ausschreibung von Konzeptverfahren bei größeren Wohnkomplexen wollen wir neue Formen des Zusammenlebens, wie zum Beispiel inklusive Wohngemeinschaften, fördern und somit einen noch größeren Beitrag leisten, die Versorgungslücke in der Stadt insgesamt zu schließen.

                              (Beifall)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen sowie Zuhörerinnen und Zuhörer zu dieser späten Stunde: Dieser Antrag zeigt, dass diese Koalition die Probleme der Menschen in dieser Stadt ernst nimmt und sie gemeinsam, entschieden und systematisch angeht. Der Oberbürgermeister mag viel öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, aber wir lassen uns davon nicht ablenken.

                              (Beifall)

Wir vertrauen darauf, dass der Magistrat und die Verwaltung die Beschlüsse der Stadtverordneten nun schwungvoll mit Leben erfüllen werden, sodass wir schon bald über den Bericht des ersten Runden Tisches und damit auch hoffentlich über die ersten Erfolge diskutieren können.

Vielen Dank!